Meine Ziele bis zum 31.12.24

Die Persophonie und ich machen gerade zum ersten Mal mit beim Blogtoberfest von Judith Peters von der The Content Society. Das ist eine tolle Idee. Heute posten wir Blogtoberfest-Teilnehmer*innen alle gleichzeitig einen Beitrag mit unserer persönlichen To-Want-Liste. Das sind Dinge, die wir machen wollen, Dinge aus dem Business-Kontext, Dinge aus dem Wohn-, Sport oder persönlichen Bereich. Wer mich kennt, weiß, dass der Sportbereich bei mir eher nicht vertreten sein wird…. Das sind also die Dinge, die ich bis zum 31.12.24 machen möchte:

  1. Einen Blogbeitrag zum Thema Razia Sultan posten.
  2. Einen Blogbeitrag über den Mogulherrscher Jahângîr posten.
  3. Einen Weihnachtsblogbeitrag posten.
  4. Meinen Sammelbandbeitrag über Medizintourismus in Indien im frühen 20. Jahrhundert beenden.
  5. Erste Schritte bei meinem großen Buch-Projekt gehen.
  6. Mich in das tolle Schreibprogramm Papyrus Autor tiefer einarbeiten.
  7. Mit Canva Social Media-Beiträge erstellen.
  8. Lernen, wie man Reels erstellt.
  9. Recherchen zu einer historischen Person aus dem Mogulreich, die ich noch nicht beachtet habe.
  10. Mich in einer Naturheilpraxis über eine Heilmethode informieren, die es auch in der Unani Medizin gibt.
  11. Marzipan essen.
  12. Eine Schokoladensorte essen, die ich noch nie probiert habe.
  13. Für meinen Gatten ein originelles Weihnachtsgeschenk kaufen.
  14. Für meine Dackel nette Geschenke kaufen.
  15. Mir selbst mindestens 2 CDs mit skandinavischer Jazz-Musik schenken.
  16. Meine Sammlung von Weihnachtsmusik erweitern.
  17. Meine Kochbuchsammlung erweitern.
  18. Eine arabische Vorspeise zubereiten.
  19. Ein persisches Gericht aus meinem tollen neuen Kochbuch ausprobieren.
  20. Ein afghanisches Gericht aus meinem afghanischen Kochbuch ausprobieren.

Ich freue mich über Kommentare und Anregungen! Mailt mir claudia@preckel.org!

War Mayam uz-Zamânî Akbars christliche Ehefrau?

Kaum eine historische Figur am Mogulhof gibt so viele Rätsel auf wie Maryam uz-Zamânî , eine der vier Hauptfrauen des Mogulherrschers Akbars (st. 1605). Für viele Historiker war sie eine Hindu-Prinzessin aus Rajasthan, für andere eine christliche Portugiesin. Der Beitrag beleuchtet einige Quellen zum Thema.

Schaut man sich das Beitragsbild dieses Beitrages an, kann man ein Detail entdecken, das im Zusammenhang mit dem muslimischen Mogulhof Indiens überraschend ist: die Ehefrau des Mogulkaisers Akbar (st. 1605), Maryam uz-Zamânî (st. 1623) trägt auf dem Gemälde eine Halskette mit einem Kreuz. War Maryam uz-Zamânî, die Mutter des Thronfolgers Salîm (als Herrscher Dschahângîr, st. 1627) also eine Christin?

Dieser Beitrag beleuchtet einige Quellen zu dem Thema. Zunächst einmal zum Beitragsbild: das Porträt von Akbar und Maryam uz-Zamânî wurde noch zu Akbars Lebzeiten gezeichnet, lag allerdings nur als Skizze vor. Die Farben des Bildes wurden erst später hinzugefügt. Das Bild wurde 1916 als Teil eines Forschungspapiers von Pastor Hosten veröffentlicht. Dieser hatte sich selbst eingehend mit der Frage der Religion Maryam uz-Zamânî beschäftigt.

Sowohl in der historischen Forschung über das Mogulreich als auch in der populären Kultur wird Maryam uz-Zamânî als hinduistische Frau dargestellt, die als Tochter des Rajas von Ambar mit dem siegreichen Mogulherrscher Akbar verheiratet wurde. In den beiden vergangenen Jahrzehnten wurde die Figur der Jodha Bai als Hindu-Prinzessin populär: Sowohl der Film Jodhaa Akbar von Ashutosh Gowariker aus dem Jahr 2008 als auch die Serie Jodha Akbar von Ekta Kapoor (2013-2015) stellen Jodha als Hindu-Prinzessin dar. Sie wird – so Film und Serien – gegen ihren Willen aus politischen Gründen mit Akbar verheiratet, verliebt sich später dann in ihren Mann.

Neue Erkenntnisse? Das Buch von Luis Assis de Correira

2017, also fast zehn Jahre nach Erscheinen des Films Jodhaa Akbar und zwei Jahre nach Ende der Serien Jodha Akbar veröffentlichte Luis Assis de Correira sein Buch „Portuguese India and Mughal relations (1510-1735)” (Portugiesisches Indien und die Beziehung zu den Moguln).

In dem Buch schreibt Correira, dass Jodha Bai keine Hindu-Prinzessin gewesen ist, sondern eine portugiesische Christin. Correira schreibt weiter, dass der wahre Name von Maryam uz-Zamânî Maria Mascarenhas gewesen sei.

Die Legende von Maria Mascarenhas, Akbars christlicher Frau

Correira untersucht in seinem Buch Quellen über Portugiesisch-Indien, das ab etwa 1500 entstand. Die Politik der portugiesischen Krone sei es gewesen, junge Frauen, die in Portugal keine Familie (mehr) hatten, mit Händlern oder Beamten in den Kolonien zu verheiraten. Aus diesem Grunde sei auch Maria Mascarenhas zusammen mit ihrer Schwestern Juliana mit einem Schiff von Portugal nach Indien aufgebrochen. Während dieser Reise sei das Schiff jedoch von Piraten überfallen worden, und die beiden portugiesischen Schwestern Maria und Juliana seien verschleppt worden. Schließlich gelangten sie an den Hof von Bahâdur Schâh, dem Herrscher des islamischen Sultanats von Gujarat.

Der Sultan von Gujarat musste sich sowohl gegen die Portugiesen als auch gegen die Mogulherrscher behaupten. Um Akbar zu beschwichtigen und den Mogulherrscher in seinem Machtanspruch zu bestärken, überreichte der Sultan von Gujarat ihm die portugiesischen Schwestern als Geschenk. Obwohl es hier einiges zur Rolle von Frauen und zum Menschenhandel zu sagen gäbe, soll dieses Thema hier nicht diskutiert werden.

Juliana und Maria Mascarenhas in Akbars Harem

Nach Correiras Version nahm Akbar das Geschenk des Sultans von Gujarat an. Juliana und Maria wurden in Akbars Harem aufgenommen. Laut Correira verliebte sich der etwa 18-jährige Akbar in die etwa gleichaltrige Maria. Die beiden heirateten, Maria erhielt den Namen Maryam uz-Zamânî (Maria des Zeitalters) und brachte den Thronfolger Salîm (also Akbars Nachfolger, starb1627) zur Welt.

Maria Mascarenhas‘ Schwester Juliana lebte zunächst unverheiratet in Akbars Harem. Sie war als Ärztin für die Frauen, Kinder und hijras im Harem zuständig. Aus welchem Grund Juliana als Ärztin tätig war beziehungsweise, ob sie medizinisch vorgebildet war, ist nicht bekannt.

Correira führt in seinem Buch weiter aus, dass es für die portugiesischen Katholiken undenkbar war, dass eine christliche Frau in einem muslimischen Harem lebte. Zudem sei es auch für die Moguln unvorstellbar gewesen, eine europäische Christin als Ehefrau des Herrschers zu akzeptieren – europäische Soldaten hatten schließlich seit den Kreuzzügen im 12. Jahrhundert gegen Muslime gekämpft. Aus den genannten Gründen, so schreibt Correira, habe man die Legende der hinduistischen Jodha Bai gegeben.

In der Tat ist es so, dass es in den persischen Quellen der Moguln keine belastbaren Aussagen darüber gibt, welche Herkunft Maryam uz-Zamânî hatte. Die Auskunft, dass es sich um die rajputische Hinduprinzessin Jodha Bai handelte, entstammte britischen Quellen. Auch Dschahângîr erwähnt immer nur sehr indirekt, dass Maryam uz-Zamânî seine Mutter ist. Beispielsweise erwähnt er, dass die Hochzeitsfeierlichkeiten seiner Söhne in den privaten Räumen von Maryam zu-Zamânî abgehalten wurden. In seinen Memoiren ist die Beschreibung von Maryams Tod im Jahr 1623 eher emotionslos gehalten. Maryam uz-Zamânî wurde in einem Grab bestattet, das Dschahângîr für sie errichten ließ – sie wurde nicht, wie bei Hindus üblich, verbrannt. In ihrem Grab fanden sich aber auch keine Hinweise, dass Maryam

Correira schreibt, dass also, dass die Portugiesin Maria Mascarenhas ihr gesamtes Leben ab dem 17. Lebensjahr in Akbars Harem verbrachte. Problematisch ist, dass Correiras Version der Geschichte einige Unstimmigkeiten und Fehler gibt: Er gibt als Herrscher des Sultanats von Gujarat Bahâdur Schâh an. Dieser wurde allerdings bereits 1537 ermordet – und damit bereits knapp zwanzig Jahre bevor Akbar überhaupt zum Herrscher des Mogulreiches wurde.

Letztlich fehlen bis heute die historischen Beweise, dass Maryam uz-Zamânî eine portugiesische Christin war.

Über Maria Mascarenhas Schwester Juliana Mascarenhas gibt es weitere interessante Informationen – der weiteren Quellenlage nach heiratete sie einen französischen Adeligen aus dem Geschlecht der Bourbonen, den es auf abenteuerliche Weise nach Indien verschlug. Doch das wird Thema eines weiteren Beitrages.

Literatur:

Neben dem oben erwähnten Buch finden sich Hinweise auf die Geschichte der christlichen Maryam uz-Zamânî in den folgenden Büchern:

Prince Michael of Greece: The Raja of Bourbon. Delhi: Roli Books, 2010.

Iyer, Indira: The Bourbons and Begums of Bhopal. New Delhi 2018.

Mumtâz Mahal – die Frau, für die das Tâj Mahal gebaut wurde

Susanne hat in ihrem Beitrag über das Taj Mahal (Tâdsch Mahal) gefragt, ob dieses ein Liebesbeweis oder eine Machtdemonstration sei. Fakt ist, dass sowohl die zeitgenössischen persischen Quellen als auch die britischen Berichte aus der Kolonialzeit von der „größten Liebesgeschichte aller Zeiten“ zwischen dem Mogulherrscher Schâh Dschahân (st. 1666) und seiner Ehefrau Ardschumand Begum, genannt Mumtâz Mahal (st. 1631) berichteten – und das Tâj Mahal wurde und wird bis heute als „Monument der Liebe“ bezeichnet. In diesem Beitrag möchte ich noch einmal auf die Geschichte dieses Paares eingehen.

Schâh Dschahân wurde 1592 als Prinz Khurram ( Persisch: „blühend“, „fröhlich“) geboren. Sein Vater Salîm / später Dschahângîr (st. 1627) war zu diesem Zeitpunkt noch Kronprinz, denn Khurrams Großvater, der Mogulherrscher Akbar (st. 1605) war zu diesem Zeitpunkt noch am Leben. Schâh Dschahâns Mutter war die Rajputenprinzessin Jagat Gosain.

Akbar und Khurram verbrachten viel Zeit miteinander, was auch daran lag, dass Khurram von Akbars erster Ehefrau und Cousine Ruqaiya Begum erzogen wurde. Khurrams Großvater und sein Vater Dschahângîr hatten hingegen kein gutes Verhältnis zueinander, was sich auch auf das Vater-Sohn Verhältnis auswirkte.

Als Akbar 1605 starb und Khurrams Bruder gegen Dschahângîr rebellierte, verbesserte sich auch Khurrams Verhältnis zu seinem Vater. Khurram wurde zum Kronprinzen ernannt, erhielt ein eigenes Siegel und – sehr ungewöhnlich – schon als Kronprinz seinen späteren Herrschernamen Schâh Dschahân.

Verlobung mit Mumtâz Mahal

Schâh Dschahân war knapp 16 Jahre alt, als er mit Ardschumand Begum, der späteren Mumtâz Mahal, verlobt wurde. Ardschumand war 14 Jahre alt und die Tochter des berühmten Generals Mirzâ Asaf Khân, der einst als Kind als Flüchtling aus Persien gekommen war. Seine Schwester war die berühmte Nûr Dschahân Begum, die selbst einige Jahre später die 20. Ehefrau des Herrschers Dschahângîr werden sollte.

Mumtâz Mahals Vater Mirzâ Asaf Khân, gemalt von Bichitr (st. nach 1650). Das Bild ist Public Domain.

Ardschumand Begum, die später den Titel Mumtâz Mahal („Die Exzellenz des Palastes“), kam also aus einer Familie, die durch die Flucht aus Persien zwar alle ihre Besitztümer verloren hatte, aber über persische Kultur und Bildung verfügte. Sie war in arabischer und persischer Sprache ausgebildet und dichtete auch auf Persisch. Es ist anzunehmen, dass sie wie andere Frauen der Elite ihrer Zeit sowohl eine Ausbildung in religiösen Disziplinen als auch in Poesie, Dichtung und Musik erhalten hatte.

Ardschumand Begum galt zudem als intelligente Schönheit, die auch einen angenehmen, umgänglichen Charakter hatte. So gab es mehrere Interessenten für eine Eheschließung, doch hatte selbstverständlich der Thronfolger Vorrang.

Eine lange Verlobungszeit und eine erste Ehefrau

Doch interessanterweise dauerte die Verlobungszeit von Schâh Dschahân und Ardschumand Begum über 5 Jahre! Und nicht nur das: in dieser Zeit heiratete Schâh Dschahân seine erste Ehefrau Qandahârî Begum, eine Tochter des Ur-Enkels des Gründers des persischen Safavidenherrschers Schâh Ismâ’îls I. (st. 1594). Diese Ehe wurde aus politischen Erwägungen geschlossen. Qandahârî Begum brachte 1611 ihr einziges Kind zur Welt, eine Tochter namens Parhez Bâno Begum. Über sie ist sehr wenig bekannt, außer, dass Dschâhângîr anordnete, dass Parhez – wie er selbst und Schâh Dschahân auch – von Ruqaiya Begum, der Witwe Akbars, aufgezogen wurde.

Weitere Ehefrauen und Kinder Schâh Dschahâns

Fünf Jahre nach der Heirat mit Ardschumand heirate Schâh Dschahân seine dritte Ehefrau, ‚Izz un-Nisâ‘ Begum, genannt Akbarrabâdî Begum. Auch sie gehörte der Hofelite bzw. sogar der Mogulfamilie an: ihr Großvater war ‚Abdur Rahîm Khân, der (angenommene) Sohn von Akbars Cousine und Ehefrau Salîma Sultân Begum. Auch Akbarabâdî Begum brachte ein Kind von Schâh Dschâhân zur Welt, einen Jungen. Dieser starb jedoch im frühren Kindesalter.

Die Quellen berichten außerdem, dass Schâh Dschahân zudem eine Rajputenprinzessin heirate – doch über ihren Namen und etwaige Kinder ist nichts bekannt. Auch über Kinder von Konkurbinen erfahren wir in den Quellen nichts.

Ardschumand soll zu Schâh Dschâhân gesagt haben (A. Eraly: Last Spring, S. 63) : Zieh die Kinder (gemeint sind wohl die Söhne) anderer Frauen nicht groß – es könnte zwischen ihnen und unseren Kindern zu Nachfolgekämpfen kommen.

Während Ardschumand die anderen Ehefrauen als Konkurrenz nicht ernst nahm, schien sie die Kinder der anderen Ehefrauen als Bedrohung wahrnahm. Folgt man den Quellen, lebte Schâh Dschahân mit Ardschumand / Mumtâz Mahal fast monogam, die Ehen schienen nur auf dem Papier zu bestehen. Auch die zeitgenössischen Quellen und Hofchroniken berichten, dass Schâh Dschahân die anderen Ehefrauen komplett vernachlässigte, nachdem sie jeweils ein Kind zur Welt gebracht hatten. So schrieb einer von Schâh Dschahâns Chronisten, dass er für die anderen Frauen nicht ein Tausendstel von dem empfunden habe, was er für Mumtâz Mahal empfunden habe.

Die Ehe mit Ardschumand / Mumtâz Mahal

Für Mumtâz Mahal empfand er nicht nur eine tiefe Zuneigung, sondern er vertraute ihr auch in Regierungsangelegenheiten völlig und ließ sich ständig von ihr beraten. Heutzutage würde man wahrscheinlich sagen, dass Schâh Dschahân emotional von Mumtâz Mahal abhängig war. Er ertrug es nicht, von ihr getrennt zu sein. Die Teile des Roten Forts in Agra, die das Paar bewohnte, waren mit Marmor, Blattgold und Juwelen besonders geschmückt. Mumtâz Mahal erhielt bei vielen öffentlichen Anlässen zudem große Zuwendungen in Gold und Edelsteinen.

Obwohl Mumtâz Mahal in den 19 Jahren ihrer Ehe ständig schwanger war, bestand sie darauf, Schâh Dschahân auch auf seinen Feldzügen ständig zu begleiten.

Insgesamt brachte Mumtâz Mahal 14 Kinder zur Welt, 8 Söhne und 6 Töchter. Nur 7 von ihnen erreichten das Erwachsenenalter. Mumtâz Mahal starb, als sie ihren Mann auf den Feldzug in den Dekkan begleitete. Sie lag knapp 30 Stunden in den Wehen, bevor sie eine Tochter zur Welt brachte – Gauhar Ârâ Begum. Nur kurze Zeit später erlag Mumtâz Mahal schweren inneren Blutungen.

Mumtâz Mahal wurde zunächst in Burhanpur, wo sie starb, bestattet. Anschließend wurde ihr Leichnam nach Agra überführt, wo eine Grabstätte am Fluß Yamuna erbaut wurde. Erst über zwanzig Jahre später fand Mumtâz Mahal ihre letzte Ruhestätte im Tâj Mahal, das Schâh Dschahân für sie erbauen ließ.

Endlose Trauer um Mumtâz Mahal? Der trauernde Witwer Schâh Dschahân

Folgt man den Quellen, so kannte Schâh Dschahâns Trauer keine Grenzen. Eine Woche habe er sich komplett zurückgezogen und sich auch nicht um seine Staatsgeschäfte gekümmert. Vom vielen Weinen sei hätte seine Sehkraft so nachgelassen, dass er eine Brille habe tragen müssen. Sein Bart sei ergraut. Viele seine Gewohnheiten, so zum Beispiel das Musikhören und das Anschauen von Tanzdarbietungen, habe er aufgegeben. Er habe sogar daran gedacht, den Thron vollständig aufzugeben und abzudanken.

Es gibt jedoch auch andere, wenig schmeichelhafte Berichte über den Witwer Schâh Dschahân, die von sexuellem Mißbrauch und ständig wechselnden Sexualpartnerinnen berichten. Doch das ist mir einen eigenen Blogbeitrag wert.

Das Beitragsbild zeigt ein Portrait Mumtâz Mahals, wahrscheinlich aus dem 17. oder 18. Jahrhundert. Es ist Public Domain.

Literatur:

Eraly, Abraham: Last Spring: The Lives and Times of the Great Mughals. New Delhi: Penguin, 2017.

+++HIER +++gibt es einen Überblick über unsere Beiträge zur Mogulgeschichte

Ostern am Hof Dschahângîrs oder: Wie die Ostereier an den Hof der Moguln kamen (Gastbeitrag von Claudia Preckel)

Vasco da Gamas Ankunft in Calicut an der Malabar-Küste im Jahr 1498 war der Beginn der portugiesischen Kolonialisierung Südindiens. Damit ging auch die christliche Missionierung durch den noch relativ jungen Jesuitenorden einher.

Ausgehend von Goa, der Hauptstadt Portugiesisch-Indiens, weiteten die Jesuiten ab 1541 ihre Aktivitäten des Handels und der Missionierung in das Herrschaftsgebiet der (muslimischen) Mogulherrscher aus. Der Herrscher reagierte, indem er den Kontakt zu den Jesuiten suchte.

So hielten sich auf Einladung Akbars (reg. 1556-1605) nacheinander insgesamt drei Gruppen von Missionaren des Jesuitenordens am Mogulhof auf – und waren somit wohl die ersten Europäer, die direkten Zugang zum Herrscher erhielten.

Die Missionierung von Würdenträgern des Hofes oder gar Mitgliedern der Herrscherfamilie verlief jedoch schleppend oder funktionierte gar nicht.

Jesuiten an Akbars Hof, public domain, Quelle: Wikimedia commons

Jesuiten an Akbars Hof, public domain, Quelle: Wikimedia commons

Pater Jerome Xavier war schließlich derjenige, der Erfolge bei der Missionierung am Mogulhof aufweisen konnte. Pater Xavier kam im Mai 1595 in Begleitung von Pater Emmanuel Pinheiro und Bruder Bento de Góis noch zur Regierungszeit Akbars am Mogulhof in Lahore an.

Dort wurden den Jesuiten ein Palast und ein Lehrer zum Erlernen der persischen Sprache zur Verfügung gestellt. Der Herrscher zeigte besonderes Interesse am religiösen Austausch mit den Jesuiten, war aber nicht bereit, zum Katholizismus zu konvertieren.

Vor allem die christliche Lehre von der Göttlichkeit Jesu konnte ihn keinesfalls überzeugen, auch wenn er als Muslim Jesus als einen Propheten erachtete (meinen Gastbeitrag zu Jesus im Islam finden Sie hier).

Pater Jerome Xavier glaubte allerdings weiter an den Erfolg seiner Missionstätigkeiten. So verfasste er auf Portugiesisch eine Sammlung von Legenden und Episoden aus dem Leben Jesu, die als Mir’ât al-quds („Spiegel der Heiligkeit“) oder auch als Dastân-e masîh („Geschichte des Messias“) bekannt wurde. Unter der Patronage Akbars wurde sie ins Persische übersetzt.

Doch obwohl Akbar anscheinend biblische Schilderungen des Lebens Jesu schätzte, erreichte Pater Xavier weiterhin nicht, dass der Herrscher zum Katholizismus konvertierte.

1610 jedoch, unter Akbars Nachfolger Dschahângîr (reg. 1605-1627), schienen sich die Anstrengungen der Jesuiten auszuzahlen: ihnen wurde gestattet, drei Mogulprinzen zu taufen. Es handelte sich um Neffen Dschahângîrs, Söhne seines verstorbenen Bruders Daniyāl. Am 5. September 1610 wurde die Taufe in der Kirche von Agra in Anwesenheit aller Christen der Stadt begangen.

Die drei Prinzen trugen portugiesische Kleidung und erhielten von den Jesuiten jeweils ein großes goldenes Kreuz. Die Taufe soll so emotional gewesen sein, dass die Anwesenden zu Tränen gerührt waren und für einen Tag auch die Differenzen zwischen den christlichen Konfessionen – also zwischen Briten und Portugiesen – vergessen waren. Die Glocke der Kirche von Agra soll so heftig geläutet haben, dass sie zerbrach.

Mit ihrer Konversion erhielten die drei Prinzen christliche Namen: Tahmûras wurde nach dem spanischen König Don Felipe benannt, aus Bâyansangar wurde Don Carlos, und Hûschang erhielt den Namen Don Henrique nach dem letzten portugiesischen König.

König Phillip III. von Portugal sandte einen persönlichen Brief an Dschahângîr, in dem er ihm für die Konversion seiner Neffen dankte und diese zu seinen persönlichen Patenkindern erklärte.

In der Folgezeit erhielten die drei Prinzen auf Anweisung des Herrschers täglich religiöse Unterweisungen durch Pater Corti, dem die Prinzen immer mit Respekt begegneten.

Gegen den Widerstand der Frauen aus dem Königlichen Harem (zanâne) konnten die Jesuiten ihren Einfluss am Mogulhof weiter erhalten. Die drei Prinzen feierten sowohl die Weihnachtstage 1610 als auch Ostern 1611 in Agra ausgiebig.

So ist überliefert:

Nachdem die Ostermesse beendet war, küssten die Prinzen die Hände der Priester, aßen ihre Ostereier mit Genuss, schauten den Unterhaltungsdarbietungen zu, die von den Patern organisiert worden waren und kehrten dann in Begleitung einer großen Gruppe von Christen – unter ihnen auch Briten – auf dem Pferderücken (in den Palast) zurück.

Und ja, Sie haben richtig gelesen, es ist von mehreren Feierlichkeiten überliefert, dass die Jesuiten ein „Rahmenprogramm“ mit Gauklern, Seiltänzern und Akrobaten organisierten.

Anscheinend blieb 1611 aber das einzige Jahr, in dem Ostern am Mogulhof gefeiert wurde. 1613, mit Verschlechterung der Beziehungen zwischen Dschahângîr und den Portugiesen, gaben die drei Prinzen die Goldkreuze zurück, die sie zur Taufe erhalten hatten, und verkündeten, sie seien keine Christen mehr.

Auch der Herrscher selbst machte deutlich, dass er niemals zum Christentum konvertieren würde. Pater Jerome Xavier verließ daraufhin den Mogulhof und kehrte nach Goa zurück.

Dr. Claudia Preckel ist Islamwissenschaftlerin an der Ruhr-Universität Bochum und erreichbar unter claudia.preckel@rub.de.

Akbar und Daulat Shâd: Zwangsscheidung, Heirat, 2 Töchter

In der Bollywood Serie Jodha Akbar spielt sie eine große Rolle als Lieblingskind des Mogulherrschers Akbar: Ârâm Bâno. Ihre Mutter Daulat Shâd wird zwar erwähnt, aber sie ist in der Serie nicht zu sehen. Schließlich war sie ja auch keine von Akbars Hauptfrauen, wie Ruqaya Begum, Salima Begum und Maryam uz-Zamânî (Jodha Bai).
Dennoch löste Akbar durch seine Heirat mit Daulat Shâd einen großen Skandal am Mogulhof aus. In diesem Beitrag beleuchten wir diese Ehe Akbars, die auf ungewöhnliche Weise zustande kam.

Akbar verliebt sich in Daulat Shâd

Wie seiner Vorgänger und viele seiner Nachfolger ließ Akbar (st. 1605) ja seine Memoiren aufschreiben. Das Akbar-nâma („Das Buch von Akbar“) wurde von Akbars Sekretär Abû l-Fazl geschrieben. Abû l-Fazl zählte zu Akbars Vertrauten und den „Neun Juwelen am Mogulhof“. Seine Memoiren Akbars waren mehr als freundlich und wohlwollend. Doch es gab auch zweite Version von Akbars Memoiren, die kritischer mit dem Verhalten des Mogulherrschers umgingen: das Werk Muntakhab al-tawâ’rikh („Auswahl der Chroniken“) von ‘Abd ul-Qâdir Badâ’ûnî (st. 1602).

‚Abd ul-Qâdir Badâ’ûnî, Portrait aus der Mogulzeit

 Badâ’ûnî kritisierte Akbar für seine Auslegung des Islam und für seinen Alkoholkonsum. Er war es auch, der uns von dem Skandal 1562 um Akbar und Daulat Shâd berichtete und durchblicken ließ, dass er Akbars Verhalten alles andere als richtig fand.

Der Skandal um Daulat Shâd nimmt Fahrt auf

Badâ’ûnî schildert die Geschichte so: Akbar war im Jahr 1562 knapp 20 Jahre alt und bereits seit 6 Jahren Herrscher des Mogulreiches. Seine Herrschaft war nicht unangefochten, und so versuchte er, in die bedeutenden Familien Delhis einzuheiraten und so seine Macht auszudehnen.

Akbar schickte die Eunuchen (hijras) seines Harems in die Familien Delhis, um deren Töchter anzuschauen und eventuell an den Hof zu bringen. Doch abgesehen von diesen Heiratsplänen ging Akbar auf viele Festivitäten. Dort sah er eines Tages eine junge Frau, in die er sich sofort verliebte. Sie stammte aus dem Umfeld von Akbars Milchbruder Adham Khân, dem Sohn von Akbars Amme Mâham Anga.

Ihr Name war Daulat Shad, was allerdings nicht erwähnt wird. Das Problem: Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratet. Ihr Mann ‘Abd ul-Wâsi‘ gehörte ebenfalls zu den Notabeln des Mogulreiches – dennoch muss er sich dem Willen des Herrschers fügen und seine Frau freigeben.

Daulat Shâds Zwangsscheidung

Badâ’ûnî schreibt, dass dieser „Brauch“ der erzwungenen Scheidung auf den alten Traditionen der Mongolen seit Dschingis Khân beruhten, von denen die indischen Moguln ja abstammen. Ob das wirklich so ist, kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Fakt ist jedoch, dass ‘Abd ul-Wâsi‘ sich nicht traute, seinem Herrscher zu widersprechen.

So soll er völlig ernüchtert den Koranvers (Sure IV, Vers 100) zitiert haben:

„Die Erde ist weitläufig –

und ihn dann ergänzte

für einen Meister der Welt ist die Welt nicht eingeengt“.

Mit dem „Meister der Welt“ ist natürlich Akbar gemeint, dem, so berichtet Bâdâ’ûnî, in seinem Handeln keine Grenzen gesetzt sind. Bâdâ’ûnî macht ihm – im Rahmen seiner Möglichkeiten – deutlich, dass er das Verhalten Akbars gegenüber ‘Abd ul-Wâsi‘ für skandalös hielt.

‘Abd ul-Wâsi‘ fügte sich also seinem Schicksal. Er sprach aber nicht, wie eigentlich üblich, seiner Frau gegenüber persönlich die dreifache Scheidungsformel aus (s.u.). Stattdessen heftete er ihr ein Dokument mit der Scheidungsformel an ihre Kleidung. Die Scheidung war somit gültig und vollzogen. Inwieweit Daulat Shâd von den ganzen Ereignissen um sie herum wusste, ist anhand der Quellen nicht klar.

Über das Schicksal von ‚Abd ul-Wâsi‘ ist wenig bekannt. So soll er den Mogulhof verlassen und sich in Bidar auf dem Dekkan niedergelassen haben. Bidar, eines der islamischen Dekkansultanate, zählte zu den Gebieten, die (noch) nicht von den Moguln regiert wurden. Laut Badâ’ûnî „wurde nie wieder etwas von ihm gehört.“…

EXKURS: SCHEIDUNG IM (hanafitischen) ISLAM: Wie funktioniert die Scheidung im Islam? Zunächst einmal: hier geht es um die Scheidung im südasiatischen, sunnitischen Islam. Die Mehrheit der indischen Sunniten gehört, wie die meisten türkischen Muslime, der hanafitischen Rechtsschule an. Die Scheidung wird unter südasiatischen Muslimen als tîn talâq („dreifache Scheidung – Trennung“) oder auf Englisch als triple talâq) bezeichnet. Die Scheidung kann in dieser Form nur vom Ehemann ausgehen. Der Ehemann sagt die Scheidungsformel „talâq, talâq, talâq“ oder 3 Mal die arabische Formal „anti tâliq“ („Du bist frei / geschieden“). Durch das dreifache Aussprechen ist die Scheidung bereits gültig. Umstritten ist, ob die Scheidung auch dann gültig ist, wenn die Scheidung nur zum Scherz ausgesprochen wird, in großer Wut oder unter Alkohol- bzw. Drogeneinfluss. Umstritten sind auch heutzutage Diskussionen, ob Scheidung per SMS, Telefon oder Fax gültig sind. (Weitere Infos zum Thema Scheidung in meiner Doktorarbeit, s.u.).

Daulat Shâd wurde diese „Entscheidung zur Scheidung“ also völlig aus der Hand genommen – die frisch Geschiedene wurde Teil des Harems von Akbar.

Der Mordanschlag auf Akbar – alles wegen Daulat Shâd?

Zur selben Zeit wie diese Zwangsscheidung wurde ein Mordanschlag auf Akbar verübt. Als Akbar in Delhi unterwegs war, schoss ein Sklave namens Fulâd einen Pfeil auf Akbar. Der Pfeil streifte Akbar nur leicht und war somit keine wirkliche Bedrohung für ihn. Als der Sklave sah, dass er Akbar verfehlt hatte, gab er seinen Plan auf und versuchte zu fliehen. Akbar und seine Soldaten konnten ihn jedoch fassen. Akbar befahl, ihn direkt in die Wüste zu bringen und dort hinzurichten.

Bâdâ’ûnî war, wenn man seinen Text genau liest, nicht wirklich mit Akbars Vorgehen einverstanden. Er hätte lieber genaue Untersuchungen in dieser Sache gehabt, um herauszufinden, wer hinter dem Attentat auf Akbar steckte. War es eine politisch motivierte Tat? Oder waren es, wie man auch annehmen kann, ‚Abd ul-Wâsi‘ und seine Familie, um sich für die erzwungene Scheidung zu rächen? Letzten Endes wird es nicht mehr zu klären sein. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Scheidung und dem Attentat lässt sich zumindest nicht von der Hand weisen.

Daulat Shâd als Ehefrau und Mutter von zwei Töchtern

Nachdem Akbar die Scheidung von Daulat Shâd und ‚Abd ul-Wâsi‘ erzwungen hatte, heiratete er selbst Daulat Shâd im Jahr 1562. ABER: Daulat Shâd wurde keine von Akbars Hauptfrauen. Akbar war, als er Daulat Shât heiratete, bereits mit seiner Cousine 1. Grades Ruqayya Sultân Begum und seiner Cousine 2. Grades Salîma Sultân verheiratet. Diese Eheschließungen erfolgten als Islamische Eheschließung mit einem regulären Ehevertrag (nikâh). Gemäß dem islamischen Recht konnte Akbar vier Frauen mit nikâh heiraten. Eine nikâh-Ehe wäre nach islamischem Recht auch nach einer Scheidung möglich gewesen, wenn auch vielleicht nicht üblich. Akbar heiratete Daulat Shâd (wahrscheinlich) nach der als im schiitischen Islam anerkannten Zeitehe (mut’a). Das ist vor allem zu vermuten, weil der Einfluss von persischen Gelehrten an Akbars Hof groß war.

Interessant ist, dass Akbar in dem Jahr, in dem Daulat Shâd heiratete, auch Jodha (Maryam uz-Zamânî) ehelichte. So ist dann die Frage, warum Daulat Shâd nicht die dritte Hauptfrau wurde. Diese Frage lässt sich nicht klären.

Ebenso interessant ist, dass Akbar weiterhin (zumindest offiziell) zunächst keine Kinder hatte: weder seine Cousinen noch andere Frauen des Harems hatten Kinder geboren. Lediglich Maryam uz-Zamânî hatte 1564 die Zwillinge Hasan und Hussain zur Welt gebracht – diese starben jedoch schon nach wenigen Monaten. Erst nach der Geburt von Akbars ältestem Sohn und Nachfolger Salîm /Jahângir 1569 wurden zahlreiche weitere Kinder von den Zweitfrauen oder Konkubinen Akbars geboren.

Daulat Shâd brachte 1572 ihre älteste Tochter Shakar un-Nisâ‘ zur Welt, die ein besonders enges Verhältnis zu ihrem Bruder Jahângir hatte.

1584 kam dann Daulat Shâds zweite Tochter Ârâm Bâno Begum zur Welt, die, wie ja erwähnt, die Lieblingstochter Akbars war.

Daulat Shâd hatte auch nach Akbars Tod 1605 eine wichtige Rolle im Mogulharem. So vermittelte sie zusammen mit Ruqaiya Begum und Maryam uz-Zamânî in Jahângîrs Streit mit seinem Sohn Khurram.

Somit ist klar, dass Daulat Shâd, obwohl sie nicht zu den Hauptfrauen Akbars gehört hatte, einen hohen Stellenwert im Harem hatte, der weit über den anderer Ehefrauen Akbars hinausging.

Was zunächst mit einem Skandal begann, endete für Daulat Shâd zumindest mit großem Einfluss. Ob sie gesagt hätte, dass alles „gut“ endete – wer kann es schon sagen?

Bilder:

Das Beitragsbild zeigt eine Szene aus dem Harem des Mogulhofs. Quelle unbekannt. Bild aus dem Privatbesitz von Claudia Preckel

Literatur:

Abdul-Qadir Ibn-i-Muluk Shah, known as Badaoni: A History of India: Muntakhabu-t-tawarikh / Transl. Georg S.A. Ranking. Vol. II. New Delhi 1990 (Reprint).

Preckel, Claudia: Islamische Bildungsnetzwerke und Gelehrtenkultur im Indien des 19. Jahrhunderts. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, 2009. (online).

Machtspiele am Mogulhof: Die Heirat von Prinzessin Lâdlî Begum (Weltfrauentag 2024)

Dass Heiratspolitik an Fürstenhöfen weltweit nicht immer etwas mit Romantik zu tun hat, dürfte hinreichend bekannt sein. Eine Eheschließung wurde von den beteiligten Familien verhandelt, nach den Interessen der zukünftigen Ehepartner wurde zumeist nicht gefragt. Das war am Hof der indo-muslimischen Moguln nicht anders. Viele meiner Beiträge haben jedoch gezeigt, dass am Mogulhof einige der Frauen in diesen arrangierten Ehen zu viel Einfluss gelangten und im Harem einen großen Handlungsspielraum hatten. Zu nennen sind unter anderem die Frauen des Mogulherrschers Akbar, Salîma Begum und Maryam uz-Zamânî (Jodha), die Frau von Akbars Sohn Jahângîr, Nûr Jahân, oder Mumtâz Mahal, für die das Taj Mahal erbaut wurde. In diesem Beitrag zum Weltfrauentag 2024 soll es um die Prinzessin Lâdlî Begum gehen, die im 17. Jahrhundert unter den Hofintrigen ihrer Mutter Nûr Jahan zu leiden hatte.

Lâdlî Begums Mutter – die einflussreichste Frau des Mogulreiches

Lâdlî Begum war die Tochter von Nûr Jahân (st. 1645), die nach ihrer Eheschließung mit Salîm / Jahângîr (st. 1645) im Jahr 1611 zur mächtigsten Frau werden sollte, die das Mogulreich kannte.

Nûr Jahân wurde als Mehr-un-Nisâ 1577 in Kandahar im heutigen Afghanistan geboren. Sie entstammte einer bedeutenden persischen Fürstenfamilie. Nachdem ihr Vater jedoch aus unbekannten Gründen am Hof des persischen Safavidenherrschers in Ungnade gefallen war, kam die Familie völlig mittellos an den Mogulhof. Nûr Jahâns Vater erhielt von Akbar einflussreiche Positionen und den Ehrentitel I‘timad ad-Daula („Stütze des Staates“). Akbar sorgte auch dafür, dass Mehr-un-Nisâ eine Ausbildung in arabischer Sprache, Literatur, Musik und Tanz erhielt.

Akbar war es auch, der die Ehe der siebzehnjährigen Mehr-un-Nisâ‘ mit Sher Afghân arrangierte. Sher Afghani war der Ehrentitel von ‚Alî Qûlî Khân Istajlû, einem turkstämmigen Soldaten, der ebenfalls am Safavidenhof gedient hatte. Er kämpfte nun für das Mogulreich und hatte Akbars Sohn Salîm / Jahângîr bei dessen Militäraktionen unterstützt.

Mehr un-Nisâ‘ und Sher Afghân heirateten 1594.

Lâdlî Begum Kindheit

Lâdlî Begum wurde ca. 1605 geboren – also in dem Jahr, in dem Akbar starb, und sein ältester Sohn vom Prinzen Salîm zum Herrscher Jahângir wurde.

Eigentlich hieß Lâdlî Begum Mihr-un-Nisâ‘, ein Name, der wahrscheinlich nicht zufällig fast identisch mit dem Namen ihrer Mutter ist. Lâdlî Begum war das erste und einzige Kind ihrer Eltern und das einzige Kind ihrer berühmten Mutter überhaupt.

Über die frühe Kindheit von Lâdlî Begum wissen wir gar nichts, da die Familie nicht unmittelbar am Mogulhof lebte. 1607 starb Sher Afghân während einer Militäraktion. Frau und Tochter blieben zunächst alleine zurück.

Lâdlî Begum kommt an den Mogulhof

Doch bereits nach kurzer Zeit wurden Mehr un-Nisâ‘ und ihre Tochter vom neuen Herrscher Jahângîr an dessen Hof nach Agra beordert – Jahângîr war wohl der Ansicht, dass sie alleine nicht sicher genug seien. Die beiden lebten nun im Harem des Mogulhofes. Ihre Aufgabe war es, sich als Hofdamen um Akbars Witwe Ruqaiya Begum zu kümmern. Damit gehörten sie schon zum engsten Kreis des kaiserlichen Harems. Das war vor allem der Fall, weil Ruqaiya Begum und Mehr un-Nisâ‘ eine sehr vertrauensvolle Beziehung hatten.

Den Quellen nach dauerte es jedoch ganze vier Jahre, bis Jahângîr Mehr un-Nisâ‘ bei den Feierlichkeiten zu Nourûz, dem persischen Neujahrsfest, das erste Mal begegnete. Auf dem Meena-Bazar, bei dem die Frauen des Harems dem Herrscher und seinem engsten Gefolge Waren anboten, soll sich Jahângîr in Mehr un-Nisâ‘ verliebt haben. Am 25. Mai 1611 heiratete das Paar, aus Mehr un-Nisâ‘ wurde zuerst Nûr Mahal („Licht des Palastes“), dann Nur Jahân („Licht der Welt“). Nûr Jahân war zum Zeitpunkt der Heirat 34 Jahre alt. Sie war die zwanzigste (!!) und letzte Ehefrau, mit der Jahângîr eine Ehe nach islamischem Recht schloss.

Lâdlî Begum war nun die (Stief-)Tochter des Mogulkaisers – wobei es ja ein Konzept der Stieffamilie im islamischen Recht nicht gibt.

Die Hochzeitsverhandlungen – Lâdlî Begum als Braut

Innerhalb kürzester Zeit nach der Hochzeit schaffte es Nûr Jahân, faktisch die Macht zu übernehmen. Sie vertrat das Mogulreich nach innen und außen – „natürlich“, ohne formell einen Titel zu bekommen. Neben ihrem Vater Ghiyâs ud-Dîn hatten nun auch ihr Bruder Âsaf Khân (st. 1641) sowie weitere Verwandte einflussreiche Positionen am Hof.

Nûr Jahân begann ab 1617, Verhandlungen innerhalb der kaiserlichen Familie zur Verheiratung ihrer Tochter Lâdlî Begum. Diese war zu diesem Zeitpunkt knapp 13 Jahre alt. Nûr Jahâns Plan war es zunächst, Lâdlî Begum mit Jahângîrs ältestem Sohn Khusrau Mîrzâ (st. 1622) zu verheiraten. Khusrau war der Thronfolger, galt als sehr intelligent und militärisch geschickt. Er galt als Lieblingsenkel von Akbar, der auch seine Ausbildung übernommen hatte. Doch Khusrau Mîrzâ war nicht bereit, Lâdlî Begum zu heiraten. Er hatte bereits eine Hauptfrau, die Tochter von Akbars Milchbruder Mîrzâ ‘Azîz Kokâ. Auch wenn er aus politischen Gründen eine weitere Ehe einging, blieb seine erste Frau seine Hauptfrau. Nûr Jahâns Plan zur Verheiratung von Lâdlî Begum mit Khusrau war gescheitert.

Doch Nûr Jahân gab nicht auf. Als Nächstes begann sie Verhandlungen über die Verheiratung von Lâdlî Begum mit Jahângîrs drittem Sohn Khurram, dem späteren Herrscher Shâh Jahân. Dieser hatte jedoch schon im Alter von 20 Jahren Arjumand Begum, die spätere Mumtâz Mahal geheiratet. Arjumand Begum war die Tochter von Nûr Jahâns Bruder Âsaf Khân. Dieser stimmte einer Heirat schon aus politischen Gründen nicht zu. Khurram liebte bekanntermaßen Arjumand Begum besonders und lehnte eine Hochzeit mit Lâdlî Begum ebenfalls ab. Nûr Jahan war mit ihrem Plan zur Verheiratung von Lâdlî Begum mit Khurram gescheitert.

Nûr Jahân gab jedoch nicht auf. Sie wollte unbedingt ihre Tochter mit einem der leiblichen Söhne Jahângîrs verheiraten. So verhandelte sie mit dem Familienrat über eine Heirat von Lâdlî Begum mit Jahângîrs fünftem Sohn Shahriyâr Mîrzâ. Shahîyâr war 1605 wenige Monate nach Akbars Tod geboren worden, war anders als seine Brüder auch nicht von Akbar erzogen worden. Die Familie stimmte einer Verheiratung von Shahriyâr Mîrzâ zu, und die Verlobung fand am 22. Dezember 1620 statt. Zu diesem Anlass wurden Goldmünzen, Schmuck und andere Wertsachen in den Palast von Nûr Jahâns Vater gesendet.

Nûr Jahân war also mit ihren Plänen endlich erfolgreich. Die jahrelangen Verhandlungen, die sie zur Verheiratung Lâdlî Begums führte wurden nicht nur von einigen Mogulquellen erwähnt, sondern auch vom italienienischen Reisenden, Autor und Komponisten Pietro della Valle (st. 1652; Vol. I, S. 56-58).

Lâdlî Begums Ehe

Die Henna-Zeremonie in der Nacht vor der Eheschließung Lâdlî Bgums fand im Palast von Jahângîrs Mutter Maryam uz-Zamânî („Jodha“) statt, die eigentliche Hochzeit am 23.4.1621 wieder im Haus von Nûr Jahâns Vater. Jahângîr nahm mit den wichtigsten Frauen des kaiserlichen Harems an den Feierlichkeiten teil und besuchte auch die Frauenpaläste anlässlich der Hochzeit.

Viel wissen wir nicht über den weiteren Verlauf der Ehe. Es ist aber bekannt, dass Lâdlî Begum am 13. September 1623 eine Tochter zur Welt brachte, Arzanî Begum. 1625 wurde Shahriyâr zum Gouverneur der Stadt Thatta (heute Provinz Sindh, Pakistan) ernannt. Nûr Jahân sah sich in ihren Plänen bestärkt, dass ihre Tochter zur nächsten Mogulherrscherin aufsteigen könnte.

Am 7. November 1627 starb Jahângîr infolge seines jahrzehntelangen Alkohol- und Opium-Konsums auf dem Weg nach Lahore (heute Pakistan). Nûr Jahân sah nun ihre Chance gekommen, ihren Schwiegersohn Shahriyâr Mîrzâ auf den Thron zu bringen. Shahriyâr rief sich zum Mogulherrscher aus und erhielt wegen hoher Geldgeschenke die Unterstützung wichtiger Fürsten und Militärführer.

Nûr Jahâns Bruder Âsaf Khân unterstützte allerdings seinen Schwiegersohn Khurram. Der hatte seinen älteren Halbbruder Khusrau bereits 1622 ermorden lassen und stellte Anspruch auf den Thron. Âsaf Khân führte Khurrams Heer gegen Shahriyârs Truppen an und besiegte ihn im Januar 1628. Âsaf Khân nahm Shahriyâr gefangen und ließ ihn blenden. Nachdem sich Khurram zum Herrscher Shâh Jahân ausgerufen hatte, ließ er Shahriyâr und alle Unterstützer sowie weitere Verwandte hinrichten.

Nûr Jahân und Lâdlî Begum waren beide innerhalb kurzer Zeit Witwen geworden. Lâdlî Begum war erst 22 Jahre alt. Âsaf Khân konnte erreichen, dass die beiden Frauen nicht von Shâh Jahân hingerichtet wurden. Sie durften, zusammen mit Lâdlî Begums Tochter und ausgestattet mit entsprechenden Finanzmitteln, in einem Palast zurückgezogen in Lahore leben. Nûr Jahân nach ihrem Tod 1645 wurde in der Nähe des Mausoleums von Jahân bestattet. Ihre eigene Grabstätte hatte sie selbst entworfen – und den Bau durch Mittel von Shâh Jahân finanziert. Lâdlî Begum wurde im Mausoleum von Nûr Jahân neben ihrer Mutter bestattet.

Auf diese Weise blieben sie und ihre Mutter selbst über den Tod hinaus eng verbunden. Das Beispiel von Lâdlî Begum zeigt, dass viele Frauen keinen eigenen Handlungsspielraum hatten, auch wenn sie zur kaiserlichen Familie gehörten. Das Beispiel von Lâdlî Begum beweist ebenso, dass Frauen das Schicksal anderer Frauen negativ beeinflussen konnten und es auch taten.

Lâdlî Begums Tochter Arzanî Begum heiratete im übrigen Shâh Jahâns Sohn Aurangzeb – doch das ist eine andere Geschichte.

Literatur:

Della Valle, Pietro: The Travels of Pietro della Valle in India. From the old English Translation of 1664, by G. Havers. 2. Vols. 1892.

Findly, E.B.: Nur Jahan, Empress of Mughal India. Oxford University Press 1993.

Lal, Ruby. Empress : The Astonishing Reign of Nur Jahan. New York, 2018.

Bilder:

Das Beitragsbild zeigt Lâdlî Begums Ehemann Shahriyâr eines Mogulmalers . Es unterliegt der CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Das erste Bild des Beitrages zeigt Nûr Jahân. Es unterliegt der CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Das zweite Bild des Beitrages zeigt die Kenotaphen („Scheingräber“) von Lâdlî Begum und ihrer Mutter Nûr Jahan in Lahore. Es unterliegt der CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Ms. Marvel: Die erste muslimische Superheldin

Nur eine Superheldin ist laut einer Online-Analyse in den Top 10 der Superheldinnen und Superhelden zu finden: Wonder Woman aus dem Universum des Comicbuch-Verlages DC. Das zeigt auch, dass es Superheldinnen im Comic Universum schwer haben. DCs Konkurrent Marvel hat mit Captain Marvel eine ebenfalls populäre Figur, der auch schon zwei Kinofilme gewidmet wurden. Dennoch scheint es schwierig, neue Zielgruppen für Comics und Comicverfilmungen zu erschließen.

2023 kamen im Film The Marvels gleich drei Superheldinnen zusammen, die die Erde retten mussten: Captain Marvel Carol Danvers, Monica Rambeau und Ms. Marvel Kamala Khan. Das ist nicht nur interessant, weil alle drei Hauptfiguren (und ihre Gegnerin) weiblich sind, sondern auch, weil Ms. Marvel eine 16-jährige Schülerin pakistanischer Herkunft und Muslima ist. Mit dem Film The Marvels wurde die Figur Kamala Khan einem großen Publikum weltweit bekannt. Vorgestellt wurde Kamala Khan jedoch schon erstmals 2022 in der Disney + Streaming-Serie Ms. Marvel. Während der Film nur wenig über den Islam oder die pakistanische Kultur Kamalas zeigt, gibt es in der Serie zahlreiche Szenen, die auch aus islamwissenschaftlicher Perspektive interessant sind.

HIER geht es zum offiziellen Trailer von The Marvels

Ms. Marvel: Vom Comic zur Streaming-Serie

Die pakistanisch-amerikanische Figur Kamala Khan, gespielt von Iman Vellani, wurde 2022 zur Titelheldin der Serie Ms. Marvel, die auf Disney+ gestreamt wird. Kamala Khan ist die erst muslimische Superheldin im Marvel Universum. Ms. Marvel basiert auf der seit 2013 erschienen Comicserie. Die Comics wurden von G. Willow Wilson (geb. 1982) verfasst, die selbst während ihrer Studienzeit an der Boston University zum Islam konvertierte. Mit der Umsetzung in die Streaming-Serie wurde die britisch-pakistanische Comedienne Bisha K. Ali (geb. 1989) beauftragt. Auch sie ist Muslima, die einen zunehmenden Hass auf den Islam seit den Anschlägen vom 11. September 2001 beobachtet. Dem wollen die Macherinnen und M+acher von Ms. Marvel ausdrücklich eine positive muslimische Figur entgegensetzen.

Kamala Khan: Vom Fangirl zur Superheldin

Kamala Khan lebt mit ihrer Familie, die aus Pakistan eingewandert ist, in Jersey City (New Jersey). Ihre Eltern möchten, dass Kamala studiert und Ärztin wird. Obwohl Kamala eine gute Schülerin ist, hat sie Schwierigkeiten, die Erwartungen in ihrer Schule und die ihrer Familie zu erfüllen.

Kamala flüchtet sich gerne in die Welt der Marvel Avengers. Vor allem Carol Danvers, die vorherige Ms. Marvel, die zu Captain Marvel wurde, ist ihr Vorbild. Als Captain Marvel Fangirl malt und schreibt Kamala über die Avengers und betreibt sogar ihren eigenen YouTube-Kanal. Sie hat ein sogar ein eigenes Captain Marvel Cosplay Kostüm angefertigt, um damit auf die Avengercon zu gehen. Doch dieses Vorhaben scheitert daran, dass sie sich nicht traut, ihre Eltern zu fragen, ob sie die Avengercon besuchen kann. Nach langen Diskussionen stimmen die Eltern zu – doch unter einer Bedingung: Ihr Vater geht als Hulk auf die Convention, Kamala als „Baby Hulk“ im selbstgestrickten grünen Kostüm. Kamala widersetzt sich, so möchte sie nicht dorthin gehen. Ihre Eltern reagieren tief betroffen, und Kamala überlegt, wie sie doch zur Convention gehen kann. Um ihr Kostüm noch zu vervollständigen, sucht Kamala auf dem Dachboden nach weiteren Accessoires – und findet einen Armreif, den ihre Großmutter aus Pakistan geschickt hat. Ihre Mutter gezeichnet den Armreif als Müll und sagt, dass sie ihn beseitigen wolle.

Hier geht es zum deutschsprachigen offiziellen Trailer von Ms. Marvel

Kamala nimmt den Armreif an sich und schleicht sich zusammen mit ihrem Freund Bruno Carrelli auf die Avengercon. Dort kommt es bei der Prämierung des besten Captain Marvel Kostüms zu einem Zwischenfall: Nachdem Kamala den Armreif angelegt hat, gibt es plötzlich Energieblitze, und Teile der Dekoration fliegen umher… Kamala, die wegen der Vorfälle erschrocken ist, fängt nach diesem Ereignis an, mit Bruno heimlich zu trainieren, um ihre neuen Kräfte zu kontrollieren.

Anders als im Comic sind Kamalas Superkräfte über den Armreif eng mit ihrer pakistanischen Herkunft verbunden, was natürlich der pakistanischen Kultur und Geschichte in der Serie eine große Bedeutung verleiht. Das gilt auch für den Islam, dem etwa 95% der pakistanischen Bevölkerung folgen. Die Serie zeigt das Leben einer sechzehnjährigen Muslima in Jersey City, die sich für viele Dinge interessiert und regelmäßig die Moschee besucht.

Islam in Jersey City: Eine Superheldin in der Moscheegemeinde

Wie ihre Eltern und ihr älterer Bruder Aamir besuchen regelmäßig die Moscheegemeinde von Jersey. Wie in der Mehrheit der Moscheegemeinden weltweit sitzen Männer und Frauen während der Predigten des Imams getrennt voneinander. In den meisten islamischen Rechtsschulen des Islam ist das Beten von Frauen in der Moschee nicht verpflichtend – aber es gibt auch Überlieferungen, die besagen, dass Männer die Frauen nicht vom Gebet in der Moschee abhalten sollen.

Die Darstellung des Gebetes im Frauentrakt der Moschee erfolgt in der Serie nicht ohne Kritik – aber auch nicht ohne Augenzwinkern. Zum Beispiel werden zwei junge Frauen gezeigt, die während der Predigt ein Instagram-Video drehen – und von zwei älteren Frauen zurechtgewiesen werden. Zurechtgewiesen werden auch Kamala und ihre beste Freundin Nakia, als sie sich über den schlechten baulichen Zustand der Moschee unterhalten – so soll es sogar Schimmel unter den Teppichen geben. Das Mikrofon, über das die Predigt des Imam zu hören sein soll, quietscht fürchterlich. Der Imam ist auch nicht uneingeschränkt zu sehen, da der Frauenbereich mit einem brauen Holzsichtschutz in Gitterform abgetrennt ist. Dennoch erkennt der Imam Kamalas Stimme, als sie laut ruft, man könne sich nicht auf die Predigt konzentrieren, wenn man den Imam nicht sehen könne – der Imam regiert freundlich, während andere Männer der Gemeinde eher empört zum Frauentrakt schauen…

Kamala ermutigt ihre Freundin Nakia, sich in den Vorstand der Moscheegemeinde wählen zu lassen, um für die Frauen der Gemeinde etwas zu bewirken. Nakia stimmt zu und nimmt den Wahlkampf auf.

Cliquen in der Moscheegemeinde

Im Rahmen von Nakias Wahlkampf um einen Platz im Moscheevorstand werden – wieder auf Humorvolle Art und mit grafischen Elementen verschiedene Gruppen der Moscheegemeinde vorgestellt.

  • Die Moschee-Bros (Original: Mosque Bros): Junge Männer in modischer Kleidung, mit Handys und Sportwagen
  • Die Frommen Brüder (Original: Pious Bros): Junge Männer in traditioneller südasiatischer Kleidung wie Pyjama kurta, Gebetskappe (takke) und dem Koran in der Hand
  • Die Lehrer der Sonntagsschule (Original: Sunday School Teachers)
  • Die Insta-Clique (Original: Insta Clique). Sie posten aus der Moschee selbst während der Gebetszeiten.
  • Die Konvertiten (Original: Converts), also eigentlich die Re-Vertiten (Original: Reverts). Konvertiten haben sich für einen Übertritt zum Islam entschieden. Nach der islamischen Vorstellung ist jeder Mensch als Muslim (Arabisch: ‘ala-l-fitra, gemäß der Schöpfung des einzigen Gottes) geboren. Erst durch die Eltern, so die Theologen, wird jeder Mensch zu einem Juden oder Christen. Somit gibt es für Muslime keine Konvertiten, sondern eben nur „Rückkehrer“ zum Islam. Das Konzept der fitra wird in Ms. Marvel also „nebenbei“ in einer humorvollen Szene erwähnt.
  • Mini-Harami-Mächen (Original: Mini Harami Girls): Harâm ist im islamischen Recht etwas, was verboten ist. Die Mini-Harami-Mädchen begehen kleine Streiche, die eigentlich gegen die islamische Etikette verstoßen, denen man aber aufgrund ihres Alters ihr Verhalten nicht übel nimmt.
  • Illumi-Tanten – (Original: Illuminiaunties): Die, die alles wissen, und es dir unter die Nase reiben. Hier wird – ebenfalls mit einem Augenzwinkern – auf Frauen angespielt, die Gerüchte und Verschwörungstheorien verbreiten – vor allem, was Familienangelegenheiten angeht.

Eine muslimische Superheldin – eine Superheldin für Muslime?

Mit Comics und Streaming Serien wie Black Panther und Ms. Marvel spricht Marvel eine Zielgruppe an, die sich nicht mit der nordischen Mythologie wie in Thor und Loki oder Helden wie Captain America identifizieren kann. Junge Muslime, denen einige Szenen aus Ms. Marvel gezeigt wurden, sagten, dass sie den Humor der Serie mochten und z.B. auch die genannten Gruppen in der Moscheegemeinde kennen.

Mehrere Musliminnen und Muslime betonten auch, dass es wichtig sei, dass die Frauen in der Moschee unter vernünftigen Umständen beten können – zwar von den Männern getrennt, aber so, dass sie alles sehen können. Die baulichen Umstände müssten auch akzeptabel sein.

HIER geht es zu dem Video, in dem Musliminnen und Muslime ihre Meinung über Ms. Marvel äußern (Englisch).

Die Serie erreicht also auch Muslim, die sich mit der Figur Kamala Khans und der Darstellung des Islam in der Serie auseinander setzen.

Titelbild

Das Titelbild zeigt den ersten Teil der Comic Reihe: Ahmed, Samira: Ms. Marvel: Über die Grenzen. 2022.

Der Koh-i-Noor: mehr als ein Diamant (Krönungsspecial, I)

Der Koh-i-Noor („Berg des Lichts“) ist einer der bekanntesten Diamanten der Welt, und viele Legenden ranken sich um ihn. Er gehörte Herrschern im heutigen Iran, Afghanistan und Indien. Seit dem 19. Jahrhundert befindet sich der Koh-i-Noor in Großbritannien, wo er erneut geschliffen wurde und als besonderes Schmuckstück sogar Bestandteil von Kronen britischer Königinnen. Diese Miniserie beleuchtet die Geschichte des berühmten Diamanten.

Krönungen – Kronen mit Diamanten

In den letzten Monaten gab es gleich zwei Krönungen in Europa: Charles III. wurde am 6. Mai 2023 zum König des Vereinigten Königreiches und Irland gekrönt, Frederick X. ist seit dem 14. Januar 2024 neuer König von Dänemark. In Dänemark gab es – anders als in Großbritannien, – keine aufwändige Krönungszeremonie, sondern es erfolgte nur eine Proklamation – eine Ernennung. Seit 1849 werden die Königinnen und Könige von Dänemark nicht mehr offiziell gekrönt. Die Kronen und andere Herrscherinsignien befinden sich in Schloß Rosenborg in Kopenhagen. Ganz anders in Großbritannien, wo Charles in der in einer großen Zeremonie den Thron bestieg und mit einer prunkvollen Krone gekrönt wurde. Die britischen Kronen sind mit den größten, glamourösesten und bekanntesten Diamanten der Welt geschmückt – darunter mit dem Koh-i-Noor.

Der Koh-i-Noor in Indien

Nicht nur in Indien wurden und werden Diamanten als Schmuckstücke und Werkzeuge geschätzt und ihnen wird ein hoher Wert zugeschrieben. Schon im alten Ägypten wurden Diamanten aufgrund ihrer Härte zum Schleifen von Werkzeugen verwendet. Seit der Antike steht die Schönheit der Steine als Schmuckstücke im Mittelpunkt. Ein interessanter Fakt ist, dass bis ins 18. Jahrhundert hinein alle bekannten Diamanten aus Indien kamen. Im 17. Jahrhundert entdeckte man auf der Insel Borneo Diamanten. Die britische East India Company (Ostindien-Kompanie) begann schon bald gezielt, diese Diamanten zu schürfen und mit ihnen zu handeln. Die Briten förderten zunächst Diamanten auf Borneo, bevor sie sich später mit den indischen Diamanten beschäftigten. 1725 wurden große Diamantvorkommen im heutigen Brasilien entdeckt, sodass auch dort große Diamantenminen entstanden.

Woher kam der Koh-i-Noor?

In Indien wurden Diamanten in den Sanskrit-Schriften des Hinduismus, die teilweise 5000 Jahre alt sind, erwähnt. Dort ist von Diamanten die Rede, die so groß sind wie Hühnereier und um die sich selbst die Götter stritten. Der Koh-i Noor gehört zu diesen legendären großen Diamanten aus den Sanskrit-Schriften.

Wie so oft bei historischen Themen haben wir nur wenige Informationen zu den exakten Ereignissen, Beteiligten oder Daten zum Thema Koh-i-Noor. Bekannt ist, dass viele äußerst große Diamanten aus Vijayanagara, der Hauptstadt des historischen südindischen Vijayanagara Reiches, stammten. Dieses Reich unterhielt Handelsbeziehungen zum muslimischen Mogulreich, das sich unter Bâbur (st. 1530) von Zentralasien über den indischen Subkontinent ausdehnte.

Es gibt aber auch Erzählungen, dass der Koh-i-Noor nicht über Handelsbeziehungen an den Mogulhof gelangt ist.

So berichtet bereits Bâbur in seinen Memoiren, dem Bâbur-nâma, dass er seinen ältesten Sohn Humâyûn aussandte, um seine Gegner endgültig zu besiegen. Der Raja von Gwalior, Bikramjit, soll mit seiner Familie nach Agra in das alte Fort geflohen sein, um dort Schutz vor den Moguln zu suchen. Doch Humâyûn spürte Bikramjit dort auf, tötete ihn und seine Familie aber nicht. Aus Dankbarkeit übergab Bikramjit seinen großen Schatz an Juwelen und Edelsteinen „freiwillig“ an Humâyûn. Darunter, so schrieb Bâbur, sei auch ein außerordentlich großer Diamant gewesen, den Bikramjit von ‚Alâ ud-Dîn Khiljî (st. 1316) dem Herrscher des Delhi Sultanats erworben haben soll. Dieser Diamant sei „so wertvoll wie die Hälfte der Ausgaben der ganzen Welt an einem Tag“ gewesen. Bâbur, so geht die Legende weiter, sei so bewegt von Humâyûns Loyalität gewesen, dass er ihm den Diamanten als Geschenk zurückgab.

Der Koh-i-Noor in Persien?

Wir wissen natürlich nicht, ob dieser außergewöhnliche Diamant der Koh-i-Noor war. Was wir allerdings wissen, ist, dass Humâyûn kein starker oder erfolgreicher Herrscher war: schon bald nach Bâburs Tod verlor Humâyûn alle Gebiete Indiens, die sein Vater erobert hatte. Humâyûn war gezwungen, mit einigen seiner Getreuen zu fliehen. Erfolglose Versuche, sein Reich zurückzuerobern, ließen ihn an den Hof der persischen Safawiden fliehen. Großzügige Geschenke in Form von Juwelen oder Edelmetall an den Gastgeber sorgten dafür, dass Shâh Tahmâsp I. (st. 1576) die Gruppe aus Indien gerne an seinem Hof aufnahm. Der schiitische Herrscher erhoffte sich, seinen Einfluss bis Indien auszudehnen und stattete Humâyûn mit Truppen aus. Humâyûn schaffte es mit Tahmâps Unterstützung, sein Reich wiederherzustellen und an bei seinem Tod an seinen Sohn Akbar (st. 1605) zu vererben. Die Moguln waren sich durchaus bewusst, dass sie ihr Reich nur mithilfe der Unterstützung der Moguln zurück erhalten hatten. Es gibt die Legende, dass Humâyûn seine Edelsteine und andere Schätze normalerweise in einem Beutel unter seinem Turban trug. Nur zu den rituellen Waschungen, die vor dem islamischen Gebet (salât) vorgeschrieben sind, legte Humâyûn den Beutel beiseite – und vergaß ihn prompt. Ein ehrlicher Diener fand den Beutel und gab das wertvolle Stück an Humâyûn zurück (W. Dalrymple / A. Anand: Koh-i-Noor, S. 32).

Die Diamanten der Moguln

Mit Tahmâsps Hilfe – und mithilfe seiner Diamanten – konnte Humâyûn sein indisches Reich zurückerobern und an seinen Sohn Akbar (st. 1605) vererben. Tahmâsps Unterstützung soll Humâyun sich auch mit dem Koh-i-Noor erkauft haben. Tahmâsp behielt diesen wertvollen Stein aber nicht, sondern gab ihn als Dank an einen verbündeten Herrscher zurück – der Stein war wieder in Indien.

Bereits unter Akbar begannen die Moguln einen prunkvollen Lebensstil in ihren Forts zu führen, der sich immer weiter vom nomadischen Leben ihrer Vorfahren entfernte. Dazu zählten neben der Kleidung, der Ernährung und den vielen Feiern an Festtagen das Interesse an Schmuck und Edelsteinen. Akbar unter dem das Mogulreich seine größte Bedeutung erlangte, war bekannt für seine Bewunderung für Gold, Silber und allen Arten von Edelsteinen. Unter seiner Herrschaft kamen europäische Diamantenhändler an den Hof, um besondere Diamanten anzubieten. Ein berühmter Diamant war der Akbar Shâh Diamant – der allerdings bis heute auf mysteriöse Weise verschwunden ist.

Akbars Sohn Salîm, bekannt unter dem Herrschernamen Jahângîr (Dschahângîr; st. 1627), war besonders fasziniert von Edelmetall, Schmuck, Kleidung und Diamanten. Der britische Diplomat Sir Thomas Roe beschrieb das aus seiner Sicht exzentrische Auftreten Jahângîrs folgendermaßen:

Auf seinem Kopf trug er einen Turban, auf dessen einer Seite ein Rubin hing, der so groß war wie eine Walnuss, auf der anderen Seite ein ebenso großer Diamant. In der Mitte des Turbans war ein Smaragd, so groß wie ein Herz, oder noch größer. Seine Schultern, Nacken, Ellbogen und Handgelenke waren mit Ketten umspannt, die aus zwei bis drei Reihen Diamanten, Perlen und Rubinen bestanden. Jeder seiner Finger trug zwei bis drei Ringe.

Zusammenfassung und Übersetzung von Foster, William: The Embassy of Sir Thomas Roe to the Court of the Great Mogul, Vol. II, 322

Auch andere europäische Reisende beschrieben den Schmuck Jahângirs, den er am ganzen Körper trug und mit dem seine Kleidung bestickt war. Der flämische Diamantenhändler Jacques de Coutre (st. 1640) kommentierte: „Er trug so viele Juwelen, dass er wie eine (Götter-)Statue aussah“.

Der Koh-i-Noor befand sich wohl schon zu Akbars Lebzeiten am Mogulhof. Das ergibt sich aus Beschreibungen von Diamanten, deren Gewicht dem des Koh-i-Noor glichen. (A. Malecka: „Naming of the Koh-i-Noor“, S. 741). Zu dieser Zeit wurde der Diamant auch geschliffen.

Unter der Herrschaft von Jahângîrs Sohn Shâh Jahân war der Koh-i-Noor der glanzvollste Stein des Pfauenthrons des Herrschers.

Die Legende des Namens Koh-i-Noor

Das Reich der Moguln hatte bereits unter Akbar seinen höchsten Einfluss und seine größte Ausdehnung erreicht. Im Jahr 1739 eroberte Nâdir Shâh (st. 1747), Regent Persiens, zunächst Afghanistan und später unter anderem Delhi. Er nahm den Mogulherrscher Muhammad Shâh als Geisel, tötete Tausende Einwohner Delhis und nahm schließlich einen Großteil der Schätze der Moguln mit nach Persien. Darunter waren auch die beiden großen Diamanten Koh-i-Noor und Darya-i-Noor („Ozean des Lichtes“).

Der Koh-i-Noor ging also wieder nach Persien…..

Die Legende um den Namen des Koh-i-Noor ist nicht aus den persischen Originalquellen zu erschließen, sondern kam erst im 19. Jahrhundert auf: Der britische Diplomat am Mogulhof, Sir Thomas Theophilus Metcalfe (st. 1853) berichtete folgendes:

Der letzte Mogulherrscher Muhammad Shâh trug den Koh-i-Noor eingeschlagen in seinen Turban ständig auf seinem Kopf. Deshalb war der Diamant Nâdir Shâh selbst während der 57 Tage Belagerung Delhis nicht aufgefallen. Eine von Muhammad Shâhs Kurtisanen, Nûr Bai, berichtete Nâdir Shâh jedoch von dem Koh-i-Noor und seinem Aufbewahrungsort. Nâdir Shâh brachte Muhammad Shâh dazu, die Turbane zu tauschen – als Geste der Freundschaft und Brüderlichkeit. Dieses war eine Geste, die Muhammad Shâh nicht ablehnen konnte….

Als Nâdir Shâh seinen neuen Turban aufwickelte und den großen Diamanten erblickte, rief er aus: „Ein Berg des Lichts“ (Koh-i-Noor).

Der Name des vielleicht berühmtesten – oder wie Dalrymple sagt: berüchtigsten – Diamanten der Welt war geboren.

Bildnachweis:

Das Beitragsbild zeigt den Koh-i-Noor als Teil der Krone von Queen Mary. Es ist Public Domain. Cyril Davenport (1848 – 1941), Public domain, via Wikimedia Commons.

Literaturhinweise:

Dalrymple, William / Anita Anand: The Koh-i-Noor: The History of the world’s most infamous diamond. Kindle Edition, 2018.

Foster, William: The Embassy of Sir Thomas Roe to the Court of the Great Mogul. Vol. II. London 1899.

Malecka, Anna: „Naming the Koh-i-Noor and the origin of Mughal-cut Diamonds“. The Journal of Gemmology 35 viii (2017), S. 738-751.

Das Rote Fort in Agra: Akbars Herrschaftssymbol

Neben dem Taj Mahal ist das Rote Fort die bedeutendste Sehenswürdigkeit der Mogulzeit in Agra im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh. Der Mogulkaiser Akbar der Große (starb 1605) machte Agra zu seiner wichtigsten Hauptstadt und das Rote Fort zum Symbol seiner Macht.

Agra wird Hauptstadt des Mogulreiches

Wie Millionen Touristen in jedem Jahr habe ich 1999 eine Bustour von Delhi nach Agra unternommen, um das Taj Mahal zu besichtigen. Bevor wir jedoch zur „Krone der Paläste“ fuhren, steuerten wir zunächst das Rote Fort an, das sich in nur 2,5 Kilometer Entfernung vom Taj Mahal befindet. Dieses Bauwerk hat mich sehr beeindruckt, und es ist deutlich, warum das Rote Fort eines der Machtsymbole des Mogulreiches war.

Als der erste Mogulherrscher Bâbur (starb 1530), der Großvater Akbars, die Region um Agra von der Lodî-Dynastie erobert hatte, machte er Agra zu einer der wichtigsten Städte des Reiches. Er übernahm als Regierungssitz das Fort aus Lehmziegeln, das neben einigen anderen Gebäuden schon bestand. Es ist allerdings nicht ganz klar, wie alt diese Anlage schon war.

In den folgenden Jahrzehnten machte der dritte Mogulherrscher Akbar (st. 1605) Agra zu seiner Hauptstadt. Zunächst ließ er einen Stufenbrunnen (Hindi: baoli) errichten. Nach und nach verstärkte er das Fort und baute dort mehrere neue Paläste. Als Architekten bestellte er Qâsim Mîr Khân Barr-o-Bahr, der die zahlreichen Handwerker beaufsichtigte.

Akbars berühmter Hofberichterstatter, sein Sekretär Abû l-Fazl (st. 1602) schrieb zur Entwicklung der neuen Stadt Agra folgendes:

Seine Majestät machte Agra zur Hauptstadt des Reiches. Im dritten Jahr seiner Herrschaft machte er die Zitadelle, die vormals als Badalgarh bekannt war, zu seiner Residenz. Er fügte verschiedene Viertel zur Unterbringung der Eliten des Reiches hinzu, sodass der Palast zu einem Zentrum von Wohlstand, Glück und Reichtum wurde. Durch die Aufmerksamkeit seiner Majestät wurde Agra zum Schmuckstück der sieben Klimata (= der ganzen Erde, C.P.). Die Stadt hat ein gesundes Klima, die Hitze und die Kälte sind in der jeweiligen Saison gemäßigt. Die Erde ist besonders fruchtbar für die Bäume und die Früchte aus Khorasan und dem Irak. Der Fluss (der Jamuna) hat nur wenige Rivalen in Bezug auf seine Helligkeit und seinen Geschmack. Er fließt in der Mitte von Agra. Auf beiden Seiten des Flusses haben sowohl der Adel als auch die Diener des Staates Gebäude von solcher Schönheit und Eleganz gebaut, dass man sie nicht beschreiben kann. Mit all diesen schönen Gebäuden und den ansprechenden Vorstädten wurde Agra zur Hauptstadt des Reiches. Die Zitadelle (= das Rote Fort, C.P.) wurde von nun an Daulat Khâna, Haus des Wohlstandes, genannt.

Die Baumaßnahmen zogen sich über mehr als sieben Jahre hin, nämlich von 1567 bis 1573. In dieser Zeit wurde das Fort mit 22 Meter hohen Mauern umgeben, die sich über mehr als 2,5 Kilometer erstrecken. Als Baumaterial verwendete man nach Akbars Anweisungen Ziegelsteine verwendet, sie mit roten Sandsteinplatten aus Rajasthan verkleidet wurden – daher der Name „Rotes Fort“.

Wie von Abû l- Fazl erwähnt, ließ Akbar zahlreiche Paläste erbauen, von denen er viele auch selbst nutzte. Leider sind viele der Gebäude, die von Akbar errichtet wurden, nicht mehr erhalten. Akbars Enkel Schâh Dschahân, der das Taj Mahal erbauen ließ, erneuerte und renovierte viele der Bauten, die von Akbar errichtet wurden. Dabei änderte er den Stil der Gebäude entscheidend: Wie bereits erwähnt, nutzte Akbar als Baustoff roten Sandstein, während Schâh Dschahân vornehmlich weißen Marmor verwendete.

Besonders wichtige Gebäude, die Akbar errichten ließ, waren der Diwân-i Âm, die Audienzhalle, in der Akbar seine allgemeinen Audienzen abhielt. Dort hielt er auch rechtliche Verfahren ab. Die Quellen berichten, dass er dabei nicht auf seinem Thron saß, sondern vor den Menschen stehend seine Urteile verkündete. Im Diwân-i khâss, der privaten Audienzhalle, traf Akbar mit seinem Hofstaat und den wichtigsten Würdenträgern zur Beratung zusammen. Die beiden Audienzhallen sind heutzutage nur noch in der von Schâh Dschahân erbauten Version erhalten.

Dschahângîrî Mahal im Roten Fort

Der Dschahângîrî Mahal (Palast Dschahângîrs)

Eines der wenigen Gebäude, das aus Akbars Regierungszeit erhalten geblieben ist, ist der Dschahângîrî Mahal, der Palast, der nach Akbars ältestem Sohn und Erben Salîm, der als Herrscher Dschahângîr benannt wurde.

Akbar ließ den Palast für diejenigen Frauen seines Harems erbauen, die nicht zum Islam konvertiert waren, sondern weiterhin Hindus blieben. Dieses betraf vor allem Frauen der Rajputen, die nach Akbars Sieg über Rajputen-Herrscher mit dem Mogulkaiser verheiratet wurden. Diese Frauen waren zwar mit Akbar verheiratet, zählten aber nicht zu seinen Hauptfrauen. Eine Ausnahme bildete Maryam uz-Zamânî, auch bekannt als Jodha. Sie war die Tochter des Rajas von Amber und die Mutter von Prinz Salîm (Dschahângîr). Als solche wird sie aber nicht im Dschahângîrî Mahal, sondern in unmittelbarer Nähe des Herrschers gewohnt haben. Architektonisch enthält der Palast Dschahângîrs keine Elemente der islamischen Artitektur, sondern typische Elemente der Kunst und Architektur Rajastans. Dieses ist ein weiterer Beleg dafür, dass in Akbars „Hindustan“ islamische und hinduistische Elemente nebeneinander stehen konnten oder sich vermischten.

In Fatehpur Sikri, einer der anderen seiner Hauptstädte, ließ Akbar für Jodha einen eigenen Palast errichten – doch von diesem werde ich in einem anderen Beitrag berichten.

Literatur:

Zur muslimischen Architektur Agras ist vor allem das folgende Werk interessant, da der Autor die Bauwerke im 19. Jahrhundert beschrieb, als sie noch besser erhalten waren und noch nicht durch die Briten eine andere Funktion erhalten hatten.

Syad Muhammad Latif: Agra Historical & Descriptive: With an Account of Akbar and his Court and of the Modern City of Akbar. Calcutta 1896.

Bildnachweis:

Beitragsbild:

Das Beitragsbild zeigt die Mauern des Roten Forts: A.Savin, WikiCommons.

Bild des Dschahângîrî Mahal: Gerd Eichmann, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons.

Münzen, Melonen und Ziegenfleisch – Geschenke am Mogulhof (Weihnachtsspecial 2022)

Weihnachten ist heutzutage im christlichen Kontext der Höhepunkt des Austausches von Geschenken. Vieles ist gesagt über Erwartungen, die mit Geschenken verbunden werden, über die Art und Weise des Präsentierens und den“richtigen“ Wert des Geschenkes und des Gegengeschenkes. Fakt ist, dass bei fast jedem Geschenk auch ein Gegengeschenk oder eine Gegenleistung erwartet wird.

Im islamischen Kontext werden ebenfalls zu den höchsten religiösen Festlichkeiten, dem Opferfest und dem Fest des Fastenbrechens, Geschenke ausgetauscht.

Die Herrscher des indo-muslimischen Mogulreiches verfügten über unschätzbare Reichtümer in Form von Edelmetallen, Edelsteinen, Juwelen oder Gewürzen. Sie waren nicht nur als Handelsgüter beliebt, sondern auch als Geschenke. Hier sind die Aufwiegezeremonien von besonderer Bedeutung: der Herrscher beziehungsweise der Thronfolger ließen sich an ihrem Geburtstag gegen Edelsteine, Gold und andere Kostbarkeiten aufwiegen und verschenkten anschließend alles an den Hofstaat und die Bevölkerung.

Bâbur (st. 1530), der erste Mogulherrscher, der nachhaltig Gebiete in Indien eroberte, schickte nach der entscheidenden Schlacht von Panipat 1526 Geschenke an seine Familie im afghanischen Kabul. Außerdem verteilte er Geschenke an die Handwerker und Künstler, die seine neue Hauptstadt in Agra errichteten.

„Menschliche Geschenke“?

Bâbur verteilte nicht nur Geschenke, sondern erhielt natürlich welche – die aus heutiger Perspektive durchaus sehr fragwürdig sind: von einem einflussreichen Kaufmann erhielt er zwei tscherkessische Sklavinnen. Von Bâburs Enkel Akbar (st. 1605) ist bekannt, dass ihm mehrfach „vertrauenswürdige Eunuchen“ geschenkt wurden. Gemeint sind wahrscheinlich die hijras, die im Harem wichtige Aufgaben erfüllten und durchaus zu politischer Macht gelangen konnten. Es ist nicht zu leugnen, dass am Hof der Moguln die Sklaverei alltäglich und Menschenhandel („Human Trafficking“) üblich war, sodass „menschliche Geschenke“ keine Seltenheit waren.

Forderung nach besonderen Geschenken

Das Überreichen eines Gastgeschenkes an den Gastgeber oder auch Mitbringsels ist ja in vielen Kulturen üblich. Akbar machte Gastgeschenke zu einer Bedingung für das Vorsprechen bei Hofe: wollte jemand den Herrscher in einer Audienz in einer bestimmten Angelegenheit sprechen, musste er bzw. sie Akbar zunächst ein Gastgeschenk überreichen. Noch anspruchsvoller war Akbars Sohn und Nachfolger Salîm / Jahângîr (st. 1627). Dieser verlangte nicht nur kostbare Geschenke von den Besucherinnen und Besuchern des Hofes, sondern verzeichnete diese Geschenke auch in langen Listen. Was wurde denn einem – bekanntermaßen äußerst reichen Herrscher – als Geschenk dargeboten? Neben Gold- und Silbermünzen, Schmuck, Schwertern und juwelenbesetzten Dolchen, Manuskripten wurden auch Tiere wie Elefanten und Geparden verschenkt. Einmal soll Akbar von einer Delegation kostbare arabische Hunde als Jagdhunde gefordert haben.

Große Ansprüche – Geschenke innerhalb der Mogulfamilie

Für uns aus der heutigen Perspektive ist es zumindest ungewöhnlich, dass die innerhalb der Mogulfamilie Geschenke nicht (nur) auf freiwilliger Basis ausgetauscht wurden, sondern dass vor allem die Mogulprinzen Ansprüche an ihre Väter stellten, um gewisse Kostbarkeiten zu fordern. Jahângîr trennte sich wohl eher widerwillig von seinen Lieblingselefanten, die seinem Sohn Khurram (später Shâh Jahân) besonders gefielen. Khurram fragte seinen Vater wohl mehrfach nach diesen speziellen Elefanten, die mit goldenen Ketten festgebunden waren, welche ihren Wert noch weiter betonten. Schließlich gab Jahângîr nach und übergab die Elefanten an Khurram.

Jahângîrs älterer Bruder Parvaiz bat seinen Vater öfters um ein mit Juwelen besetztes Ehrengewand und eine Krone – auch dieser Wunsch wurde vom Mogulkaiser erfüllt.

Obst, Süßspeisen und Lebensmittel als Geschenke am Mogulhof

Wie die Quellen des Mogulhofes zeigten, mussten Geschenke nicht zwangsläufig von hohem materiellen Wert sein. Sehr beliebt als Gaben waren Süßigkeiten und Obst und andere Lebensmittel. Besonders Melonen besaßen einen hohen Stellenwert in der Mogulfamilie. Dieses liegt wahrscheinlich daran, dass es in Afghanistan, wo die Hauptstadt der Moguln zuvor angesiedelt war, keine Melonen gab.

Den britischen Diplomaten Sir Thomas Roe (st. 1644) irritierten Obst und Fleischgerichte als Geschenke des Herrschers Jahângîr sehr. Roe hielt sich als Gesandter des britischen Königs James I. am Mogulhof auf, wo er versuchte, Handelsverträge abzuschließen. Mit den ihm überreichten Geschenken war Roe offensichtlich nicht zufrieden – hatte er doch sicherlich mit kostbareren Gaben wie Gold und Juwelen gerechnet.

In seinen Briefen nach England berichtete Roe folgendes (Übersetzung aus dem Englischen von C.P):

Ich habe mich bereits aller meiner besten Dinge entledigt, um keine Lücke (im Geschenkefluss, C.P. aufkommen zu lassen. Bisher hat mir niemand etwas von Wert als Geschenk übergeben, außer Lammfleisch, Ziege und Schaf, und nein… kein entscheidender Wert.

Roe hatte nicht nur Kontakt zum Herrscher selbst, sondern auch zum mächtigen Minister (wazîr) Âsaf Khân. Dieser war nicht nur der Bruder von Jahângîrs Lieblings-Ehefrau Nûr Jahân, sondern auch der Vater von Mumtâz Mahal, der Frau, für^ die das Taj Mahall gebaut wurde.

Roe beklagte sich darüber, dass auch Âsaf Khân nur Obst, Eßbares und Getränke überreichte:

Er (i.e. Asaf Khân) lud mich zum Abendessen ein (ohne allerdings einen genauen Termin zu nennen. Er versprach mir, mit mir zusammen zu feiern und als Gefälligkeit mit mir Wein zu trinken. Also verließ ich das Treffen. Zwei Stunden später sandte er seinen Diener mit 20 Zuckermelonen als ein erstes Geschenk. Ohne Zweifel meinten sie, dass unser Glück in unserem Gaumen liegt – denn alles, was ich jemals von ihnen erhalten habe, war ess- oder trinkbar!

Wie wir seinen Briefen entnehmen können, war Roe auch erstaunt, wenn nicht sogar verärgert darüber, dass Jahângîr bei den Treffen der beiden gezielt nach bestimmten Dingen und Gütern als Geschenk fragte – was genau Jahângîr von dem Briten haben wollte, schreibt Roe nicht. Er berichtet aber, dass er dem Mogulherrscher klar klarmachte, dass es im westlichen Kulturkreis als unhöflich gilt, gezielt bestimmte Geschenke zu verlangen. Das hielt Jahângîr nicht davon ab, weiter danach zu fragen.

Letztendlich einigten sich Roe und Jahângîr trotz der Auseinandersetzungen um Geschenke auf weitreichende Handelsrechte für die Briten. Ob Roe auch noch wertvolle, nicht essbare Geschenke erhalten hat, ist unbekannt.

Der Beitrag beruht in wesentlichen Teilen auf den Ausführungen zu Geschenken in:

Mukhia, Harbans: The Mughals of India. Oxford et al. Blackwell, 2004.

Das Beitragsbild stammt aus dem Buch Pâdshâh-nâme („Buch des Königs der Könige“) und zeigt, wie der Herrscher Jahângîr seinem Sohn Khurram (später sein Nachfolger Shâh Jahân) Schmuck für seinen Turban schenkt. Das Manuskript ist von ca. 1657. Das Bild unterliegt der Creative Commons License.

Die verborgene Prinzessin

In den letzten Jahren haben wir am Internationalen Frauentag immer eine Liste unserer Publikationen zu bedeutenden muslimischen Frauen veröffentlicht. Mit unseren Forschungen wollen wir zeigen, dass muslimische Frauen in der Vergangenheit oft über viel Einfluss und Handlungsspielraum in der von Männern dominierten Welt der Herrscherhöfe hatten.

Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht abereine Frau, deren Freiheit und Handlungsspielraum von einem Mann massiv eingeschränkt wurde: Zeb-un-Nisâ Begum (1638-1702). Der Mann, der sie schließlich mehr als 20 Jahren einsperrte, war ihr eigener Vater, der Mogulherrscher Aurangzeb ‚Alamgîr (st. 1707).

Zeb-un-Nisâs Vater Aurangzeb

Aurangzeb war der Urenkel des berühmten Mogulkaisers Akbar (st. 1605). Unter Aurangzebs Herrschaft hatte das Mogulreich seine größte Ausdehnung. Im heutigen Indien hat Aurangzeb einen denkbar schlechten Ruf. Ihm wird religiöser Fanatismus und Gewalt gegen andere Religionsgemeinschaften nachgesagt. So soll er die Zerstörung einiger Hindu-Tempel angeordnet haben, die „Kopfsteuer“ (jizya) für Nicht-Muslime eingeführt und die Aufstellung hinduistischer Götterstatuen verboten haben. Außerdem ließ er wahrscheinlich mehrere Familienmitglieder hinrichten. Es ist durchaus glaubwürdig, dass Aurangzeb diese ihm vorgeworfenen Taten wohl wirklich begangen hat beziehungsweise diese in Auftrag gab. Eine Beurteilung der historischen Figur Aurangzebs steht jedoch noch aus. Doch zurück zu Aurangzebs Tochter Zeb-un-Nisâ.

Zeb-un-Nisâs Familie

Wie alle seine Vorgänger und Nachfolger hatte Aurangzeb mehrere Ehefrauen, namentlich bekannt sind uns vier. Seine Hauptfrau war seine erste Ehefrau Dilrâs Bâno Begum (st. 1657). Dilrâs Bâno gehörte zur Herrscherdynastie Persiens, den Safaviden. Die Moguln pflegten seit Akbars Vater Humâyûn enge Beziehungen mit den persischen Herrschern – schließlich hatte Humâyûn am Hof der Safaviden Zuflucht gefunden, nachdem er beinahe das ganze Mogulreich im Krieg verloren hatte. Die Ehe von Dilrâs Bâno und Aurangzeb war also ganz klar eine politische Entscheidung.

Die Quellen berichten leider nicht viel Persönliches über Dilrâs Bâno und ihr Leben an der Seite Aurangzebs. Schon kurz nach der Eheschließung verließen der Mogulprinz Aurangzeb und Dilrâs Bâno Agra und ließen sich in Daulatabad nieder, weil Aurangzeb zu diesem Zeitpunkt Vizekönig des Dekkan war.

Bereits neun Monate nach der Hochzeit brachte Dilrâs Bâno am 15. Februar 1638 ihr erstes Kind zur Welt: Zeb-un-Nisâ. Es folgten die Geburten von zwei weiteren Töchtern (Zînat-un-Nisâ und Zubdat-un-Nisâ) und zwei Söhnen (Muhammad ‘Azam Schâh und Sultân Muhammad Akbar). Nach der Geburt von Muhammad Akbar im Jahr 1657 erkrankte Dilrâs Bâno am Kindbettfieber, woran sie schließlich einen Monat später starb.

Zeb-un-Nisâ – Lieblingskind von Aurangzeb

Schon kurz nach ihrer Geburt wurde deutlich, dass Zeb-un-Nisâ Aurangzebs Lieblingskind war. Auf ihre Erziehung und Bildung legte ihr Vater besonderen Wert. Das betraf vor allem ihre religiöse Ausbildung. Wie üblich begann sie im Alter von etwa vier Jahren, den Qur’ân auswendig zu lernen. Mit sieben Jahren war sie eine Hafiza, sie beherrschte den gesamten Text des Koran auswendig. Ihr Vater ließ zu dieser Gelegenheit in Delhi große Feierlichkeiten ausrichten und Geld an die Bedürftigen verteilen.

Zeb-un-Nisâ bekam eine Lehrerin für Arabisch. Sie lernte die Sprache in vier Jahren und schrieb viele Verse auf Arabisch. Auch für Persisch wurde ihr ein Tutor zugeteilt. Er leitete sie beim Schreiben von Gedichten an. Mit dem Geld, das sie von ihrem Vater erhielt, lud sie berühmte Dichter an den Hof ihres Vaters ein.

Zeb-un-Nisâ wurde nicht nur in Literatur und Dichtung ausgebildet, sondern auch in Mathematik und Astronomie. Außerdem beherrschte sie die Kunst der Kalligraphie und kopierte viele Bücher.

Zeb-un-Nisâ‘ wird erwachsen

Aurangzeb, der sich nach Darstellung der Quellen immer mehr zu einem strikt religiösen Menschen entwickelte, förderte seine älteste Tochter und hörte in vielen Angelegenheiten auf ihren Rat. Als Aurangzeb 1659 zum Mogulherrscher gekrönt wurde, war Zeb-un-Nisâ 21 Jahre alt. Sie durfte sogar an vielen Beratungen Aurangzebs mit seinem Hofstaat teilnehmen. Dort erschien sie immer verschleiert.

Zwischen Zeb-un-Nisâ und ihrem Vater kam es im Laufe der Zeit allerdings zu einigen Konflikten. Während Aurangzeb wie erwähnt ein striktes Bild vom Islam verfolgte, fühlte sich Zeb-un-Nisâ dem mystischen Islam verbunden. Deshalb verstand sie sich besonders gut mit ihrem Onkel Dârâ Schukoh (st. 1659), der ebenfalls ein islamischer Mystiker war. Von ihrem Großvater Schâh Dschahân war Zeb-un-Nisâ mit Dârâs Sohn Sulaimân Schukoh verlobt worden. Diese Ehe mit ihrem Cousin kam jedoch nicht zustande, weil Dârâ Schukoh von Aurangzeb als Hauptkonkurrent um den Mogulthron angesehen wurde. Aurangzeb ließ zunächst seinen ältesten Bruder Dârâ hinrichten und bestieg den Thron. 1662 wurde dann Sulaimân Schukoh hingerichtet.

Nach dem Tod Sulaimân Schukohs gab es weitere Bewerber, die Zeb-un-Nisâ heiraten wollten. Darunter waren auch einige hochrangige persische Prinzen. Eine Ehe kam jedoch nicht zustande.

Eine Affäre in Lahore?

1666 erkrankte Aurangzeb schwer, und seine Ärzte empfahlen ihm einen Ortswechsel. Der gesamte Hofstaat reiste daraufhin von Delhi nach Lahore. Dort traf Zeb-un-Nisâ auf ‚Aqîl Khân, den Sohn des Gouverneurs (Wazir) von Lahore. Einige Quellen berichten, dass Zeb-un-Nisâ und ‚Aqîl Khân eine kurze Beziehung hatten. Aurangzeb hat diese (angebliche) Affäre entdeckt und begann Zeb-un-Nisâ zu misstrauen. Einerseits holte er ihren Rat nicht mehr ein, andererseits missfiel ihm ihr Lebensstil und vor allem ihr Interesse an Poesie, Musik und islamischer Mystik. Vor allem aber schien er davon überzeugt, dass Zeb-un-Nisâ auf der Seite ihres jüngeren Bruders Muhammad Akbar stand, der gegen 1681 gegen den Vater rebellierte und dessen Absetzung forderte.

Zeb-un-Nisâs Gefangenschaft

Schließlich ließ Aurangzeb seine Tochter Zeb-un-Nisâ im Fort von Salimgarh am Rand des heutigen „Old Delhi“ unter Hausarrest stellen. Dort lebte Zeb-un-Nisâ die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens. In dieser Zeit verfasste sie zahlreiche Verse und Gedichte unter ihrem Künstlernamen „Makhfî“. Bezeichnenderweise bedeutete der Name „Der/die Verborgene“.

Ihr Gedichtband (Diwân) wurde erst 1929 in Delhi gedruckt und bereits 1913 teilweise ins Englische übersetzt.

Während ihrer Gefangenschaft unterstützte Zeb-un-Nisâ weiterhin andere Dichter und wohltätige Zwecke – bis Aurangzeb ihr alle Geldmittel kürzte.

Zeb-un-Nisâs Tod

Nach über 20 Jahren Gefangenschaft starb Zeb-un-Nisâ 1701 nach einer kurzen Erkrankung. Ihr Vater Aurangzeb war zu diesem Zeitpunkt nicht in Delhi. Zeb-un-Nisâ wurde in einem Garten in der Nähe des Forts bestattet. Als die Briten ab 1858 anfingen, die Eisenbahn in Old Delhi zu bauen, wurde Zeb-un-Nisâs Grab in den Gräberkomplex um Akbars Mausoleum in der Nähe von Agra verlegt.

Zeb-un-Nisâ und ihr Talent leben in ihren Gedichten weiter.

Ihr Aussehen wird anhand der Quellen so beschrieben:

„Sie war groß und schlank. Ihr Gesicht war rund und hatte einen hellen Teint, mit zwei Leberflecken oder Schönheitsflecken auf ihrer linken Wange. Ihre Augen und ihr volles Haar waren schwarz, und sie hatte dünne Lippen und kleine Zähne. Im Museum von Lahore gibt es ein zeitgenössisches Portrait von ihr, das sich mit dieser Beschreibung deckt. Sie färbte sich nicht die Zahnzwischenräume Schwarz und färbte sich nicht ihre Wimpern, obwohl das zu ihrer Zeit Mode war. Ihre Stimme war so schön, dass sie, wenn sie den Qur’ân rezitierte, ihre Zuhörer zu Tränen rührte. Ihre Bekleidung war stets einfach und schmucklos; als sie älter wurde, trug sie immer weiße Kleidung, und ihr einziger Schmuck war ein Perlenhalsband. In ihrem Verhalten war sie sehr bescheiden, freundlich, geduldig und philosophisch in ihrem Umgang mit Problemen.“

Einleitung zur englischen Ausgabe ihres Diwan, S. 14.

Unsere Beiträge zum Thema Nouruz (Nouruz-Special 2021)

Susanne Kurz hat in diesem Blog schon einige Beiträge zum Thema Nouruz verfasst – einfach aus dem Grunde, dass sie es selbst auch feiert und uns alle an ihren Vorbereitungen des Festes teilhaben lässt.

Nouruz (Persisch: naurûz, Türkisch nevruz) bedeutet „Neuer Tag“. An diesem Tag, der in jedem Jahr auf den 20. oder 21. März fällt, wird der Beginn des Frühlings beziehungsweise des neuen Jahres gefeiert. Astronomisch ist es der Tag der Tagundnachtgleiche (Äquinox).

Als ich in Vorbereitung auf die Zusammenstellung unserer Beiträge noch einmal etwas zum Thema Nouruz gelesen habe, ist mir aufgefallen, dass sogar die Vereinten Nationen bereits 2010 diesen Tag zum „Internationalen Nouruz Tag“ erklärt haben:

dass der Nouruz, der Tag der Frühlingstagundnachtgleiche, von mehr als 300 Millionen Menschen in der ganzen Welt als Beginn des neuen Jahres begangen und im Balkan, im Kaukasus, im Nahen Osten, im Schwarzmeerbecken, in Zentralasien und in anderen Regionen seit über 3.000 Jahren gefeiert wird

… und mit der weiteren Begründung, dass die UN die kulturelle Bedetuung und der Vielfalt des Nouruz Tages anerkennt. Dieses kann man HIER nachlesen.

Aber es soll ja hier sowohl um Praxis als auch Geschichte des Nouruz Tages gehen 🙂

Zum Fest allgemein und den Bräuchen :

… Und wieder naht Nouruz (2018)

Nouruz in der vorislamischen Zeit (anhand des Nouruz-Nama v. Omar Khayyam)

Susannes Mini-Serie zum Nouruz:

Teil 1: Erste Vorbereitungen

Teil 2: Nouruz in der Vorislamischen Zeit

Teil 3: Das Haft-Sîn-Special

Teil 4: Nach der muslimischen Eroberung

Und auch in Indien, vor allem im Mogulreich, wurde Nouruz gefeiert:

Nourouz, wie es bei Salîm / Dschahângîr gefeiert wurde

„Das wichtigste aller Feste“ – Nouruz bei den Moguln

Und so wünsche ich allen, die Nouruz feiern,

Sal-e nou mubarak („Ein gesegnetes neues Jahr“)

Das Beitragsbild habe ich aus unserem Archiv (Susanne Kurz)