Kürzlich stieß ich beim Zappen auf dem Bollywood-TV-Sender Zee.One auf eine Serie, die nun auch in deutscher Synchronisation anläuft: Jodha Akbar. Da ich ja bereits den Film Jodhaa Akbar (2008) von Ashutosh Gowariker mit Begeisterung gesehen und mit Studenten besprochen hatte, habe ich gleich mehrere Folgen der 566-teiligen (!!) Serie Jodha Akbar (2013-2015) angeschaut.
Trailer von Jodha Akbar (Deutsch)
Sowohl Film als auch Serie beschreiben die Ehe der Rajputen-Prinzessin Jodha und des Mogulkaisers Akbar, der das Mogulreich von 1556 bis 1605 beherrschte. Die Interpretation der Geschichte des Mogulreiches scheint schon beim Betrachten des Trailers klar: der Mogulherrscher Akbar,
ist ebenso grausam wie kaltblütig,
- jedoch:
Eine Frau hat es in der Hand, das Ungeheuer zu zähmen, denn sie besitzt eine Macht, die stärker ist als die seine.
Wer war nun diese Frau, die diese “Bestie” Akbar “gezähmt” hat?
Jodha – Maryam uz-Zamânî
Schaut man in die bekannten (Auto-)Biographien der Mogulherrscher, wie etwa in das Akbar-nâma oder in das Jahângîr-nâma, so finden sich dort keine Hinweise auf “Königin Jodha” . Viele Historiker meinen, dass sie den Beinamen Jodha bekommen hatte, weil sie aus Jodhpur stammte, doch das ist ungeklärt.
Die vorherrschende Meinung ist, dass sie die Tochter von Raja Bhagmal aus Amber/Amer war. Nach ihrer Heirat mit Akbar erhielt sie – als Hindu – den muslimischen Titel Maryam uz-Zamânî, was “Maria ihrer Zeit” bedeutet. Im Weihnachtsspecial 2016 hatte ich ja darauf hingewiesen, dass Maria als Mutter Jesu (‘Îsâ’ b. Maryam) einen hohen Stellenwert im Islam genießt.
Doch zurück zu Jodha: Auch zu Jodhas eigentlichem Namen gibt es unterschiedliche Versionen: so soll ihr Name Harka Bai, Heer Kunwari oder Hira Kunwari gewesen sein, doch auch zu diesen Namen finden sich keine Angaben in den Herrscherbiographien.
Sicher ist, dass sie als Rajputen-Prinzessin 1562 im Alter von 20 Jahren mit dem gleichaltrigen Akbar verheiratet wurde. Diese Heirat war eine politische Allianz zwischen den hinduistischen Rajputen-Fürsten und dem muslimischen Mogulherrscher, der sich dadurch einen weiteren Ausbau seines Herrschaftsbereiches in Nordindien erhoffte – und ein Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Rajputen. Dieses Ziel wurde zumindest teilweise erreicht:
So zählten ihr Bruder und ihr Neffe später zu den einflussreichen Ratgebern am Hof Akbars. Als Maryam uz-Zamânî 1623 mit über 81 Jahren starb, zählte sie immer noch zu den wichtigsten Frauen des Mogulhaushaltes.
Intrigen im Harem
Maryam uz-Zamâni war eine der drei Hauptfrauen Akbars und dadurch von besonderer Bedeutung, dass sie die Mutter Salîms, des späteren Herrschers Jahângîr (reg. 1605-1627), war. Jodha Akbar zeigt das angespannte – von Hofintrigen geprägte – Verhältnis zwischen Jodha und Ruqaiya Sultân Begum (st. 1626), der Cousine und ersten Frau Akbars.
Richtig ist die Darstellung der Serie, dass Ruqaiya Zeit ihres Lebens kinderlos blieb – ob es jedoch die in der Serie gezeigte, von Akbars Amme Maham Anga angezettelte Intrige war, die dazu führte, dass Ruqaiya durch den Saft des Stechapfels eine Fehlgeburt erlitt, sei erst einmal dahin gestellt.
In der Serie wird Maham Anga durch Jodha entlarvt, kann jedoch glaubhaft machen, dass vielmehr eine Doppelgängerin von ihr für diese Tat verantwortlich war. Maham Anga und ihr Sohn Adham Khân, Akbars “Milchbruder”, genießen weiterhin das Vertrauen des Herrschers – zumindest bis zu ihrer Hinrichtung 1562…
Sowohl Ruqaiya als auch Maryam uz-Zamânî waren am Hof extrem einflussreich und konnten Akbar auch in politischen Angelegenheiten beraten. Jodha durfte sogar unter ihrem eigenen Namen Erlasse veröffentlichen. Zudem standen einige Handelsschiffe sowie Pilgerschiffe nach Mekka unter ihrer Patronage. Maryam uz-Zamânî war zudem die einzige Frau am Hof, die über eigene Truppen verfügte, die sie dem kaiserlichen Heer zur Verfügung stellte.
Die Frage der Religion(en)
In der Serie Jodha Akbar wird immer wieder hervorgehoben, dass Akbar seiner Frau erlaubte, ihren Glauben als Hindu weiterhin zu praktizieren. Jodha wird gezeigt, wie sie hinduistische Tempel aufsucht.
Bei der Feier des Holi-Festivals, des Festivals der Farben, empört sich in einer Szene der Serie Maham Anga darüber, dass Jodha ihr (Maham Angas) Gesicht mit Farbe beschmutzt – und damit die Religion des Islam verspottet habe. Jodha erhält dennoch die Erlaubnis, die hinduistischen Feste weiter zu feiern.
Eines ist deutlich: dem Beispiel Akbars, hinduistische Frauen zu heiraten, also zu ihren Hauptfrauen zu machen, folgten später viele mulimische Herrscher Indiens. Maryam uz-Zamânî gilt auch für Akbars tolerante Religionspolitik als prägend.
Die Darstlellung Jodhas in der Serie “Jodha Akbar” ist vor allem unter Historikern, die sich mit der Geschichte der Rajputen beschäftigen, sehr umstritten. In Indien wird nicht erst seit 2008 darüber diskutiert, ob es überhaupt eine Rajputen-Prinzessin gab, die einen Mogulherrscher heiratete. Die Frage der Religionszugehörigkeit spielt bei diesen Interpretationen eine wichtige Rolle.
Man könnte noch einiges über diese Serie und Maryam uz-Zamânî und die anderen dargestellten Personen schreiben, doch das werde ich in anderen Beiträgen machen.
Eines noch: es ist interessant, dass die “Liebesgeschichte” von Jodha und Akbar von den Machern der Serie als die
größte Liebesgeschichte aller Zeiten
vermarktet wird. Diese Bezeichnung ist für gewöhnlich der Geschichte Schâh Dschahâns und Mumtâz Mahalls vorbehalten – die ja zum Bau des Tâj Mahalls führte….
Sind wir also auf die weitere Inszenierung der Geschichte von Jodha Akbar gespannt. Die historischen Quellen, ob frei interpretiert oder nicht, geben in jedem Fall mehr als genug Material her! Also unbedingt anschauen!
Das Beitragsbild ist ein abfotografiertes Bild eines Souveniers, das ich 1999 in Delhi gekauft habe. Es zeigt eine bekannte Miniatur (auf Bananenblatt) von Jodha und Akbar.
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