Kürzlich habe ich in meiner Vorlesung zum Mogulreich den wohl berühmtesten Vertreter dieser Dynastie behandelt: Dschalâl ed-Dîn Mohammad Akbar (1542-1605).
Für ihn hat man sich in der Forschung am meisten interessiert, denn er war nicht nur einer der bedeutendsten Mogulherrscher, sondern auch der originellste. Entsprechend viel Literatur gibt es über ihn.
Er war der erste unter den indischen Timuriden (bekannter als Moguln), der bereits in Indien geboren wurde und sich dort nicht nur dauerhaft die Herrschaft sichern, sondern das Reich auch erheblich ausweiten konnte.
Auch die Grundlagen für die effiziente Verwaltung des immer größer werdenden Reiches legte Akbar. Daneben ließ er eine Steuerschätzung durchführen, um genaue Vorstellungen über das tatsächlich zu erwartende Steueraufkommen zu erhalten.
Besonders bekannt ist er jedoch dafür, daß er in den 1570er und 80er Jahren zunächst anfing, regelmäßige Diskussionen mit muslimischen Religionsgelehrten und später auch mit Hindus und Christen durchzuführen. Dann führte er eine eigene Religion ein – den touhîd-e elâhî.
Das heißt soviel wie “göttliches Einheitsbekenntnis”. Bekannter ist diese Religion jedoch unter der Bezeichnung dîn-e elâhî (“göttliche Religion”), die aber nicht von Akbar stammt.
Mit dieser Religion bezweckte er zweierlei:
Einerseits wollte er einen umfassenden Religionsfrieden in seinem Reich einführen. Die Nicht-Muslime waren in Indien klar in der Überzahl und sollten stärker in das expandierende Reich eingebunden werden. Akbar wollte nicht nur Herrscher der Muslime sein, sondern all seiner Untertanen. Immerhin war auch die Loyalität hinduistischer Lokalfürsten wichtig für die Stabilität seines Reiches.
Andererseits wollte er sich nichts mehr von den muslimischen Religionsgelehrten sagen lassen.
Ein muslimischer Herrscher war nämlich dem religiösen Recht ebenso unterworfen wie jeder andere Gläubige. Und das religiöse Recht legten die Religionsgelehrten aus. Folglich konnten sie selbst dem mächtigsten Herrscher in die Parade fahren, wenn er ihrer Ansicht nach gegen das religiöse Recht verstieß. Zumindest theoretisch.
Akbar ließ sich deshalb von seinem Vertrauten, Historiographen und Chefpropagandisten Abo l-Fazl-e ʿAllâmî (1551-1602) – wie üblich nicht zu verwechseln mit Abo l-Fazl-e Beyhaqî, dem Historiographen der Ghaznaviden aus dem 11. Jahrhundert – zu einem besonders erleuchteten “Gottesfreund” stilisieren. Dadurch konnte er Anspruch darauf erheben, Gott besonders nahe zu stehen und tiefere Einsichten zu haben als selbst die Religionsgelehrten.
Im Jahr 1579 nötigte er dann die führenden muslimischen Religionsgelehrten dazu, ein Protokoll zu unterzeichnen, in dem sie ihn nicht nur als weltlichen, sondern auch als religiösen Führer anerkannten. Wer sich weigerte, dem wurden seine Pfründen – also sein Einkommen – entzogen. So sah die Praxis aus.
Schließlich erschufen Akbar und Abo l-Fazl nach und nach eine Religion mit islamisch-mystischen, hinduistischen und zoroastrischen Elementen, in die man wie in einen Sufi-Orden – also einen Orden islamischer Mystiker – initiiert wurde. Dabei übernahm der Herrscher die Rolle des Ordensleiters – scheych oder persisch pîr.
Trotz alledem wollte Akbar nicht vergöttlicht werden. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, für die Anhänger der neuen Religion folgenden Gruß einzuführen: allâhu akbar dschalla dschalâluhû. Das bedeutet: “Gott ist der Größte, seine Pracht ist unermeßlich” und klingt zunächst ganz konventionell islamisch.
Wenn Sie sich allerdings einmal Akbars Namen und Titel anschauen, dann wird Ihnen klar, daß es sich dabei um ein raffiniertes Wortspiel handelt. Man kann es nämlich genauso gut verstehen als: “Gott ist Akbar, Dschalâls Pracht ist unermeßlich”. Dschalâl ed-Dîn Mohammad Akbar – allâhu akbar dschalla dschalâluhû, Sie verstehen? 😉
Wer die arabische Schrift lesen kann, wird das auch recht gut auf dieser Münze erkennen können:
Eigentlich wollte ich Ihnen ja jetzt auch noch eine Episode aus Akbars Leben erzählen und Ihnen erklären, was mir dazu in der Bollywood-Verfilmung Jodhaa Akbar aufgefallen ist. Aber ich glaube, für heute haben Sie genug zu verdauen. Also verschiebe ich das bis zum nächsten Beitrag. 🙂
Literatur
Heike Franke: Akbar und Gahangir: Untersuchungen zur politischen und religiösen Legitimation in Text und Bild. Berlin: ebv, 2005.
Stephan Conermann: Das Mogulreich: Geschichte und Kultur des muslimischen Indien. München: Beck, 2006.
uvm.
Bildnachweis
Beitragsbild:
Zeichnung von Akbar in seinem Todesjahr. Gemeinfrei. Quelle: Wikimedia Commons.
Porträt von Akbar:
Von Manohar. Gemeinfrei. Quelle: Wikimedia Commons.
Karte:
Von Jungpionier. Quelle: Wikimedia Commons. Unverändert übernommen nach Lizenz 3.0.
Silberrupie:
Von Drnsreedhar1959. Quelle: Wikimedia Commons. Unverändert übernommen nach Lizenz 3.0.
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