Auch nach dem berühmten Film Jodhaa Akbar von Ashutosh Gowariker aus dem Jahr 2008 und der Serie Jodha Akbar (2013-2015) ist die historische Figur der Jodha umstritten. So gibt es nach wie vor Zweifel daran, dass der muslimische Mogulkaiser Akbar (st. 1605) die Tochter eines Rajputenfürsten geheiratet hatte. Viele Historiker sind jedoch zwischenzeitlich überein gekommen, dass Akbar Harka Bai oder Hira Kunwari, die Tochter des Rajas von Amber, Bharmal (st. 1574), offiziell nach islamischem Recht geheiratet hatte. Uneinigkeit herrscht nach wie vor darüber, ob Harka Bai denn wirklich den Beinamen Jodha Bai getragen hat.
Der Mangel an verlässichen Quellen über Jodha
Durch den Mangel an verlässlichen Quellen wird die Sache nicht einfacher. Sowohl Akbars Biographie Akbar-nâma von Abû l-Fazl als auch die seines Sohnes Salîm / Dschahângîrs, Dschahângîr-nâma, erwähnen eine gewisse Jodha Bai nicht – Dschahângîrs Mutter ist nur mit ihrem Ehrentitel Maryam uz-Zamânî (“Maria ihrer Zeit “) bekannt. Diesen Ehrentitel erhielt sie nach Salîms / Dschahângîrs Geburt – wobei manche Quellen behaupten, sie habe den Titel erst nach ihrem Tod erhalten. Trotz dieses Titels und trotz der Tatsache, dass sie den Thronfolger geboren hatte, war Jodha nicht Akbars Hauptfrau. Dieses blieb Akbars Cousine und erste Ehefrau, Ruqaiya Begum, die als Pâdschâh Begum bekannt war.
Über Maryam uz-Zamânîs Bedeutung, ihr eigenes Einkommen und ihre Handelsaktivitäten hatte ich ja hier schon ausführlicher geschrieben. Ansonsten erfahren wir von Dschahângîr nur wenig über seine Mutter. Interessant ist, dass während Dschahângîrs Regierungszeit alle wichtigen Familienfeiern im Palastteil Maryams am Hof in Agra stattfanden.
Leider ist Dschahângîr in Bezug auf persönliche Details und Anekdoten über seine Mutter sehr wortkarg – wir erfahren nichts über ihr Leben und ihren Alltag am Hof.
Selbst über den Tod seiner Mutter verliert Dschahângîr kaum ein Wort. Wir erfahren lediglich, dass sie am 19. Mai 1623 verstorben ist.
Zu dieser Zeit erreichte uns die Nachricht aus Agra, dass Ihre Majestät Maryam uz-Zamânî verstorben ist. Möge Gott sie mit einem Meer von Barmherzigkeit überschwemmen!
The Jahangirnama / Ed. and transl. Wheeler M. Thackston. Oxford: OUP, 1999, S. 397, Übersetzung aus dem Englischen CP
Maryam uz-Zamânî wurde über 80 Jahre alt. Sie überlebte Akbar 18 Jahre.
Jodhas/ Maryams Grabmal in Sikandra
Aus Akbars Biographie wissen wir, dass er selbt persönlich den Leichnam enger Verwandter, wie den seiner Mutter, seiner Ziehmütter oder Tante zum Grab geleitete. Dschahângîr geleitete den Leichnam seiner Mutter Maryam uz-Zamânî nicht zu ihrem Grab – er hielt sich zum Zeitpunkt auf einer Militärmission in Ajmer auf.
Interessant ist, dass Maryam uz-Zamânî nicht, wie im Hinduismus üblich, verbrannt, sondern bestattet wurde. Dieses lässt Raum für Spekulationen über ihre Religionsangehörigkeit – und könnte auch aufzeigen, dass Jodha Bai / Maryam uz-Zamânî im Laufe ihrer Ehe mit Akbar zum Islam konvertiert war.
Wie allgemein üblich, wurde ein Leichnam der kaiserlichen Familie provisorisch innerhalb eines Tages bestattet, zumindest wenn noch kein Grabmal erbaut worden war. Es war und ist bis heute in der muslimischen Gemeinschaft Indiens nicht üblich, Männer und Frauen gemeinsam zu bestatten, vor allem die Bestattung mit den Ehepartnern ist ungewöhnlich. So sind in Akbars Grab mit ihm zwei seiner unverheirateten Töchter, eine Ur-Ur-Enkelin sowie andere männliche Nachfahren bestattet.
Doch zurück zu Maryam uz-Zamânîs Grab. Dieses wurde von Dschanhângîr kurz nach dem Tod seiner Mutter in Auftrag gegeben. Die Bauzeit betrug vier Jahre.
Interessant ist, dass Dschahângîr kein neues Grabmal bauen ließ, sondern ein bestehendes Monument zu einem Grab umgestaltete. Das Grab Maryam uz-Zamânîs befindet sich nur einen knappen Kilometer von Akbars Grab entfernt – und ist somit das einzige Grab von Akbars Ehefrauen, das sich in der Nähe seines Grabes befindet. Dschahângîr wählte für das Grabmal seiner Mutter einen offenen Pavillion (baradari), der bereits Ende des 15. Jahrhunderts vom (muslimischen) Herrscher des Delhi Sultanats, Sikander Lodî (st. 1517) erbaut worden war. Auf diese Struktur wurden kleine kuppelförmige Pavillions, so genannte chhattris, aufgesetzt (auf dem Beitragsbild zu sehen).
Das ganze Grabmal hat drei Grabsteine: einen in der unteren Grabkammer, in der sich das eigentliche Grab Maryam uz-Zamânîs befindet, einen am Kenotaph (Scheingrab) genau über der Grabkammer und einen am Scheingrab auf einer Terrasse.
Die Verzierungen der Wände enthalten viele Blumenmotive und geometrische Formen, die auf den vorherigen Gebrauch des Gebäudes als Pavillion hindeuten. Dschahângîr gestaltete den ganzen Grabkomplex inklusive der Gartenanlage im klassischen Mogulstil. Für knapp 200 Jahre blieb das Grab in der errichteten Form bestehen.
War Jodha / Maryam uz-Zamânî eine Christin?
Während der britischen Kolonialzeit, also irgendwann nach 1857, wurde das Grabmal an die Church Missionary Society übergeben. Diese errichtete einen großen Komplex rund um das Grab. Noch heute existieren dort eine Schule und eine Kirche. In der Grabstelle Maryam uz-Zamânîs wurde die Krypta geschlossen.
Heutzutage ist das Grab wieder eine Grabstätte, die unter der offiziellen Beaufsichtigung des Archaeological Survey of India steht. Es ist somit ein geschütztes Denkmal, das au
Dass das Grab der christlichen Church Missionary Society übergeben wurde, liegt wahrscheinlich an einem Missverständnis: so war man bei der Church Missionary Society überzeugt, dass Maryam uz-Zamânî eine christliche Frau Akbars gewesen sei. Dieser Irrtum ging laut Frederic Fanthome auf die portugiesischen Jesuiten-Mönche zurück, die sich an Akbars Hof aufhielten. Sie erkannten zwar, dass Maryam die arabisch-persische Variante des Namens Maria ist, ihnen war aber wohl nicht bekannt, dass Maria (Maryam) auch im Islam eine bedeutende Rolle hat. Die gesamte Sure 19 ist nach ihr benannt, die Jungfrauengeburt Jesu ist in Sure 21 erwähnt.
Wie dem auch sei, in den Originalquellen gibt es keinerlei Hinweise auf eine christliche Ehefrau Akbars – und genauso wenig darauf, dass Jodha/Maryam uz-Zamânî eine Christin gewesen ist.
Wie fast immer am Ende eines Beitrages muss ich schreiben, dass es in den Quellen noch viel Neues zu entdecken gibt – vielleicht erfahren wir eines Tages ja noch mehr über Jodha, Maryam uz-Zamânî und die Grabstelle in Sikandra.
Literatur:
Fanthome, Frederic: Reminescences of Agra. 2nd ed. Calcutta: Thacker & Spink, 1895.
Smith, Edmund W.: Akbar’s Tomb at Sikandrah, near Agra. Allahabad, 1909. (Archaeological Survey of India)
Das Beitragsbild zeigt ein Detail des Grabes von Maryam uz-Zamânî.
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