Zwischen Loyalität und Rebellion: Akbars Sohn Murâd (st. 1599)

Susanne Kurz und ich haben schon häufiger die Töchter und Söhne des Mogulkaisers Akbar (st. 1605) bzw. deren Verhältnis zueinander gebloggt. Heute möchte ich noch einmal auf Schâh Murâd eingehen, den zweiten der drei überlebenden Söhne Akbars.

Im heutigen Beitrag soll es zunächst um die Kindheit und Jugend Murâds gehen – auf sein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater Akbar komme ich später einmal in einem zu sprechen.

Murâds Geburt

Wie immer erfahren wir einiges aus Akbars Familie von seinem ältesten Sohn und Nachfolger, Dschahângîr (st. 1627). Er berichtete in seinen Memoiren Tuzuk-i Jahângîrî, dass Murâd im Juni 1570 , nur wenige Monate nach ihm selbst und kurze Zeit nach einer Tochter, geboren wurde. Da Murâd nicht in der Hauptstadt Fatehpur Sikri, sondern in den Bergen zur Welt kam, erhielt er den Beinamen “der aus den Bergen”, Urdu: pahârî.

Anlässlich seiner Geburt verfassten Dichter Verse zu Ehren Murâds, Horoskope wurden nach griechischer und nach indischer Tradition erstellt. Dennoch ist zwischen den Zeilen aller Quellen zu lesen, dass Murâds Geburt nicht mit demselben Pomp gefeiert wurde wie die Salîms / Dschahângîrs. Einer der Gründe ist wahrscheinlich die Tatsache, dass Salîm der Sohn einer rechtmäßigen Ehefrau Akbars, Murâd hingegen der einer Dienerin.

Murâd wuchs wie alle Kinder Akbars im kaiserlichen Harem auf. Da er ja wie gesagt das Kind einer Dienerin war, wurde er, um ihm die Erziehung eines möglichen Thronfolgers zu geben, von Akbars Cousine und Hauptfrau Salîma Sultân Begum (st. 1613) erzogen. Einige Quellen berichten auch, dass Salîma die Mutter Murâds war, aber das ist nicht wahrscheinlich.

Murâds Ausbildung

Akbar ließ alle seine Söhne von bedeutenden Mitgliedern seines Hofstaates unterrichten: Murâd bekam Akbars Sekretär Abû l-Fazl (st. 1602) unterrichtete ihn. Außerdem wurde er von den Jesuitenpatern Antonio de Monserrat und Francisco Aquaviva in den Grundlagen des Christentums unterwiesen. Ein weiterer, allerdings indirekter Einfluss war der des 3. Dalai Lama Sonam Gyatsu (st. 1588), der sowohl mit Akbar als auch mit den Jesuiten im Austausch stand.

Bereits mit sieben Jahren erhielt Murâd sein erstes Militärkommando: 7000 Männer standen nun unter seinem Befehl. Als er 14 wurde , kamen weitere 2000 Männer dazu. Mit 23 musste Murâd auf Befehl die Truppen im Dekkan kommandieren – doch dieser Aufgabe war er aufgrund seines Alkoholkonsums nicht gewachsen. Er ließ sich aber auch von Akbar seinen Alkoholkonsum nicht verbieten.

Ebenso wie seine Brüder Salîm und Danyâl konsumierte Murâd zu viel Alkohol und Opium – diese Sucht verursachte seinen frühen Tod mit 28 Jahren. Susanne hat ja bereits in einem Beitrag gezeigt, dass Salîm / Dschahângîr in seiner Autobiographie die Folgen der Alkohol und Opium bei seinen Brüdern kritisierte, aber dieselben Substanzen selbst weiter konsumierte.

Fakt ist jedenfalls, dass beide Brüder Salîms bei Akbars Tod nicht mehr am Leben waren, Salîms Nachfolge also unangefochten war. Eigentlich hätte Salîm also die Konkurrenz seiner Brüder nicht mehr fürchten müssen und hätte sich positiv über sie äußern können – dass er es nicht tat, zeigt auch, wie tief der Bruderkonflikt gesessen haben muss.

Murâds Aussehen

Bei der Beschreibung Murâds wird deutlich, dass Salîm der Ansicht war, Murâd entspreche nicht dem gängigen Schönheitsideal seiner Zeit: seine Hautfarbe sei sehr (=zu) dunkel, Murâd leicht übergewichtig. Zudem sei er der Sohn einer Dienerin. Doch lassen wir zum Abschluss Dschahângir sprechen (Jahangirnama, S. 37, Übersetzung aus dem Englischen C.P):

Sein Teint war dunkel, und er war groß mit einer Veranlagung zum Übergewicht. In seinem Verhalten war Ernsthaftigkeit offenkundig, und Tapferkeit und Mannhaftigkeit bestimmten sein Verhalten.

‘Dass gerade diese Eigenschaften, Tapferkeit und Mannhaftigkeit, nicht mit den militärischen Misserfolgen Murâds übereinstimmten, wird wohl auch den zeitgenössischen Lesern klar gewesen sein. Davon soll dann in einem weiteren Beitrag die Rede sein.

Faruqui, Munis D.: The Princes of the Mughal Empire. Cambridge: CUP, 2012.

Nûr ud-Dîn Salîm Dschahângîr: Tuzuk-i Dschahângîrî / transl. Wheeler M. Thackston: The Jahangirnama. New York et al., 1999.

Das Beitragsbild zeigt die Brüder Murâd und Danyâl beim Picknick. Der Maler ist unbekannt, ca. 1900. – Purchase–Smithsonian Unrestricted Trust Funds, Smithsonian Collections Acquisition Program, and Dr. Arthur M. Sackler S1986.427. Das Bild unterliegt der Public Domain Licence.

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