Familienkrieg über Generationen hinweg: Akbar und Mirzâ Hakîm

In den ersten Teilen der Miniserie über die familiären Streitigkeiten des Mogulherrschers Akbar (st. 1605) bin ich auf Akbars Stiefmutter Mâh Chûchak, seinen Bruder Mirzâ Hakîm und Mirzâ Hakîm als Symbol des Widerstandes gegen Akbar in Kabul eingegangen.

Mirzâ Hakîms Söhne unter Hausarrest

Nach seiner erfolgreichen Strafaktion gegen Mirza Hakîm in Kabul im Jahr 1582 hatte Akbar seinem Bruder zwar verziehen, die Regierung Kabuls aber in die Hände ihrer Schwester Bakht un-Nisâ’ Begums gelegt. Mirzâ Hakîm gab sich scheinbar vermehrt dem Alkoholgenuss hin, so dass er 1585 an einer Alkoholvergiftung starb.

Um zu vermeiden, dass sich in Kabul erneut Widerstand gegen seine Herrschaft regte, griff Akbar sofort durch und ließ die beiden Söhne Mirzâ Hakîms namens Kaikobâd und Afrasiyâb in Lahore unter Hausarrest stellen.

Mirzâ Hakîms und Akbars Schwester Bakht un-Nisâ’ war in zweiter Ehe mit dem Premierminister Khwâja Hasan verheiratet, der immer schon ein Gegner Akbars gewesen war. Khwâja Hasan war nach Akbars Strafexpedition 1582 zusammen mit dem älteren Sohn Mirzâ Badî’ uz-Zamân entwedet geflohen oder von Akbar aus Kabul verbannt worden. Beide starben später im Exil im heutigen Usbekistan und versöhnten sich auch nicht mit Akbar.

Leben an Akbars Hof

Bakht un-Nisâ’ sah ihrerseits auch keine Zukunft mehr in Kabul und ging mit ihrem jüngeren Sohn Mirzâ Walî ins Exil nach Agra. Akbar hieß sie an seinem Hof Willkommen und ermöglichte ihr ein gutes Leben in seinem Harem.

Nach einiger Zeit unter Hausarrest ließ Akbar dann auch seine beiden Neffen Kaikobâd und Afrasiyâb ebenfalls von Lahore an den Hof von Agra bringen. Er beendete auch die finanziellen Zuwendungen (Apanage), die der Familie in Kabul, die sein Vater Humâyûn für seine Kinder in Kabul festgelegt hatte.

Akbar hatte bereits vorher seinen drei Söhnen Salîm, Murâd und Dânyâl die monatlichen Zahlungen gestrichen – stattdessen führte er ein kompliziertes (und teilweise nicht mehr nachvollziehbares) System von Zuwendungen und Landbesitz eingeführt, bei dem sich jeder Sohn ständig beweisen und auch militärische Aufgaben übernehmen mussten.

Akbars Neffen hielten sich scheinbar an die Auflagen, die ihr Onkel ihnen gemacht hatte – zumindest fielen sie nicht weiter negativ durch weitere Aufstände oder Planungen von Aufständen auf. Wir haben aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie irgend eine Form von Einfluss hatten.

Die Situation unter Dschahângîr

Als Akbar im Jahr 1605 starb, übernahm sein einzig überlebender Sohn Salîm unter dem Herrscherenamen Dschahângîr die Regentschaft. Seine beiden Brüder Murâd und Dânyâl waren ja bereits zuvor aufgrund ihres Alkohol- und Drogenkonsums verstorben – und zumindest im Fall von Dânyâl ist es nicht sicher, dass Dschahângîr nicht in den Tod seines Halbbruders verwickelt war (doch das ist eine andere Geschichte).

Dschahângir war sich bewusst, dass einige Mitglieder seines Hofstaates lieber den einen oder den anderen seiner Brüder auf dem Mogulthron gesehen hätten. Er konnte sich zudem nicht sicher sein, dass seine Cousins aus Kabul nicht doch noch versuchen würden, die Macht an sich zu reißen.

Schikanen und Demütigungen

Aus diesem Grund schickanierte und demütigte Dschahângîr seine beiden Cousins Kaikobâd und Afrsaiyâb: Beim Besuch des persischen Schâhs sollte Afrasiyâb auf Anordnung seines Cousins als Hofdiener zur Verfügung stehen. Als er sich weigerte, ließ Dschahângîr ihn eine Zeit lang inhaftieren (Faruqui, S. 34).

Sir Thomas Roe, der britische Gesandte an den Mogulhof, berichtete, (zitiert nach Faruqui, S. 34) dass Kaikobad und Afrasiyâb finanziell so knapp gehalten wurden, dass sie sich von den Briten Federn, Sporen und Bilder als Geschenke wünschten.

Ungleichbehandlung

Während die Kinder Mirzâ Hakîms von Dschahângîr nicht wirklich freundlich behandelt wurden, können wir einen Unterschied beim Umgang mit Bakht un-Nisâ’s Sohn Mirzâ Walî erkennen. In seiner Autobiographie schrieb Dschahângîr, dass er den Tod seiner Tante im Jahr 1608 aufgrund von “Auszehrung” und eines Fiebers, sehr bedauere. Gleichzeitig verlieh er Mirzâ Walî ein mansab, einen militärischen Rang mit Bezahlung. Diesen erhöhte er im Laufe seiner Herrschaft regelmäßig.

1619 verheirate Dschahângîr Mirzâ Walî mit seiner Nichte Bulâqî Begum, der Tochter von Dânyâl. Das Arrangement zeigte, dass Mirzâ Walî nach Dschahângîr immerhin eine Verbindung im engeren Kreis der zugestanden wurde, ohne ihn jedoch mit Dschahângîrs eigenen Töchtern zu verheiraten.

Letzten Endes ist deutlich, dass Dschahângîrs Herrschaft von einem tiefen Mißtrauen gegenüber seiner Familie hegte – was nicht verwunderlich ist, wenn man die Konflikte mit seinen Söhnen betrachtet – diese werden hier auf der #Persophonie bestimmt noch genauer betrachtet werden.

Dschahângîr fasste das selbst zusammen: (zitiert nach Faruqui, S. 34)

Wenn ich eine solche Behandlung durch meine eigenen leiblichen Söhne erfahre – was ist dann schon von Neffen und Cousins zu erwarten?

Die Angehörigen von Akbars und Mirzâ Hakîms Familie werden in den späteren Quellen kaum noch erwähnt, sie haben wohl kaum Einfluss in Hofkreisen.

Akbar hatte sich also gegen seine Familie in Kabul durchgesetzt und sich als “indischer” Herrscher etabliert. Die perso-indischen Einflüsse am Hof wurden am Hof immer stärker. Kabul wurde 1738 von Nâdir Schâh, dem persischen Schâh, erobert – später eroberte er auch Delhi und schwächte das Mogulreich nachhaltig.

Literatur:

Munis D. Faruqui: The Princes of the Mughal Empire, 1504-1715. Cambridge et al., 2012.

Beitragsbild: Das Beitragsbild zeigt ein Portrait Akbars von ca. 1850. Es ist bereits eindeutig vom europäischen Stil inspiriert. Das Bild ist Public Domain.

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