Akbars „böse Stiefmutter“: Mâh Chûchak und die Herrschaft über Kabul

Heute möchte ich eine kleine Serie über den Teil der Famile des Mogulherrschers Akbar (st. 1605) beginnen, der über Kabul (heute in Afghanistan) herrschte. Beginnen möchte ich mit Akbars „Stiefmutter“ Mâh Chûchak Begum (st. 1564) – dabei schreibe ich Stiefmutter in Anführungszeichen, denn das islamische Recht kennt das Prinzip der Stieffamilie nicht.

Warum Kabul?

Um zu verstehen, warum ein Teil der Familie Akbars noch in Kabul lebte, und warum die Geschehnisse dort Akbars erste Jahre als Herrscher empfindlich störten, muss man sich die Rolle der Stadt für die Moguln anschauen. Im 14. Jahrhundert fiel das bedeutende Handeszentrum unter die Herrschaft des Mongolenherrschers Timurs (st. 1405). Timurs Nachfahre (und Akbars Großvater Bâbur) startete seine Eroberungszüge nach Indien von Kabul aus, was auch die strategische Bedeutung der Stadt zeigt. Bâbur liebte diese Stadt sehr, er verbrachte mehr als zwanzig Jahre seines Lebens dort – und ein großes Mausoleum erinnert an ihn, während er selbst in Agra begraben ist. Da die Moguln einen großen Wert auf ihre Abstammung von Timur (und von Dschingis Khan) legen, hatten Kabul neben der oben erwähnten strategischen auch eine symbolische Bedeutung. Kabul blieb bis 1739 Bestandteil des Mogulreiches — bis Nader Shâh  (st. 1747) in einer Schlacht den Mogulherrscher besiegte und die Stadt Delhi plünderte.

Humâyûn, Kabul und seine Ehefrauen

Akbars Vater Humâyûn (1508-1556) war trotz einiger militärischer Mißerfolge von Bâbur als Thronerbe über den indischen Teil des Mogulreichs eingesetzt, sein Bruder Kamrân sollte über Afghanistan (mit der Hauptstadt Kabul) herrschen. Doch es kam ja bekanntlich alles anders: im Mai 1540 verlor Humâyûn eine wichtige Schlacht gegen Sher Shâh Surî (st. 1545) und musste anschließend ein lange im Exil, u.a. in Persien, leben.

An Humâyuns Seite war auch während seines Exils seine erste Ehefrau Bega Begum (st. 1582).  Bega Begum war Humâyûns Cousine, die ca. 1511 im persischen Chorasan geboren wurde. Die beiden heirateten 1530. Das Paar hatte zwei Kinder: einen Sohn und eine Tochter, der Sohn al-Amân verstarb jedoch schon in seiner Kindheit.

Das war auch der Grund, warum Akbar 1556 dann auch den Thron des Mogulreiches besteigen konnte: Er war der Sohn Humâyuns mit seiner zweiten Ehefrau Hamîda Bâno Begum, die er 1541 heiratete. Dass ihre Ehe zunächst keine Liebesheirat war, habe ich ja schon in einem Beitrag  beschrieben. Fakt ist aber, dass sowohl Bega Begum als auch Hamîda Bâno Begum Humâyûn ständig begleiteten und bis zu seinem Tod 1556 in Delhi mit ihm zusammen lebten. Das galt jedoch nicht für Humâyûns dritte Ehefrau: Mâh Chûchak Begum (der Name bedeutet wörtlich „Mondblume“).

Mâh Chûchak Begum

Über Mâh Chûchaks Herkunft und Kindheit sagen die Quellen sehr wenig –  das könnte natürlich daran liegen, dass die Quellen hauptsächlich von Unterstützern Akbars geschrieben wurden. Doch einige – wenig schmeichelhafte Aussagen finden wir in der Biographie Humâyûns, die von Akbars Lieblingstante Gulbadân Begum (st. 1603) verfasst wurde (Gulbadan Begum: The History of Humâyûn, 62, Übersetzung aus dem Englischen von CP):

Sehr verstörende Nachrichten, die unter den älteren  Damen der Familie für Diskussionen sorgten, betraf das Verhalten von Mah-chuchak Begam in Kabul. Sie war die letzte Frau, die Humayun mit Ehevertrag heiratete. Das geschah 1546, nachdem Hamida aus Kandahar nach Kabul gekommen war. Sie (Mâh Chûchak, CP) war keine Frau von hoher Geburt, und man kann den Eindruck gewinnen, dass nur wenige adelige Frauen, die spät geheiratet hatten, von hoher Geburt waren. So hatte sie wahrscheinlich ihren Titel Begam (entspricht Fürstin, CP), nur deshalb bekommen, weil sie einen Sohn geboren hatte.

Gulbadâns Spitze gegen Frauen im königlichen Harem, die nicht von hoher Geburt waren und erst spät heiraten, soll an dieser Stelle einmal nicht kommentiert werden. Gulbadan verrät uns aber auch, dass Hamîda Bâno Begum sich wohl schwer damit tat, Mâh Chûchak als Ehefrau Humâyûns anzuerkennen (Humâyûn-Nâma, S. 40), es aber sowieso nicht verhindern konnte.

Mâh Chûchaks Kinder

Aus den Quellen erfahren wir zudem, dass Mâh Chûchak insgesamt fünf (oder wie einige Quellen sagten: sechs?) von Humâyûn hatte – also mehr als jede andere seiner Ehefrauen. Von besonderer Bedeutung für den weiteren Verlauf der Geschichte waren Mirzâ Muhammad Hakîm (st. 1585) und seine Schwester Bakht un-Nisâ‘ Begum (st. 1608) – doch diesen Ereignissen widme ich noch weitere Beiträge..

1554 machte Humâyûn Mirzâ Hakîm jedenfalls zum Gouverneur von Kabul – dabei war sein Sohn gerade erst drei Jahre alt.

Zwei Jahre später, 1556, bestätigte der erst vierzehnjährige Akbar dieses Arrangement.

Doch Mâh Chûchak wollte mehr für ihren Sohn erreichen..

Fortsetzung folgt….

Literatur

Gulbadan Begum: The History of Humâyûn (Humâyûn-Nâma) / transl. Annette S. Beveridge. London 1902.

Beitragsbild:

Das Beitragsbild ist ein Portrait von Humâyûn aus dem späten 19. Jahrhundert. Es unterliegt der Public Domain Lizenz.

+++HIER +++gibt es einen Überblick über unsere Beiträge zur Mogulgeschichte

4 Kommentare

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