Der Taj Mahal des Mogulherrschers Schâh Dschahân (1592-1666) ist ein weltberühmtes Bauwerk, um das sich eine romantische Geschichte rankt. Letzte Woche habe ich einen Beitrag zum Taj Mahal rebloggt und Ihnen für diese Woche einen kleinen eigenen Beitrag in Aussicht gestellt.
Leider hatte ich selbst noch keine Gelegenheit, dieses prachtvolle Mausoleum selbst zu besuchen. Aber gelesen habe ich natürlich viel darüber, und die Fotos sind auch ziemlich beeindruckend.
Schâh Dschahân, der „König der Welt“ (pers. schâh-e dschahân), ließ dieses Mausoleum für seine Frau Mumtâz Mahall errichten. Sie war die Nichte der Lieblingsfrau seines Vaters Dschahângîr (reg. 1605-1627) und Enkelin eines iranischen Emigranten. Schon mit 15 Jahren war Schâh Dschahân mit ihr verlobt worden. Da man aber einen astrologisch günstigen Zeitpunkt für die Hochzeit abwarten wollte, fand diese erst 5 Jahre später statt.
Dann hatten die beiden jedoch jede Menge Kinder zusammen. Bei der Geburt von Nummer 14 starb Mumtâz Mahall schließlich mit Ende dreißig. Das war im Jahr 1631.
Schâh Dschahân soll völlig niedergeschmettert gewesen sein und danach dreißig Jahre lang keine Frau mehr angerührt haben. Angeblich. Der Taj Mahal wäre dann ein Zeichen seiner ewigen Liebe.
Zumindest ist das die Geschichte, die Generationen von Touristen erzählt wurde. Von den Indern. Die sie wohl von den Briten hatten. Britische Romantiker wiederum hatten diese Geschichte nicht erfunden, sondern nur verbreitet. Zu finden ist sie schon bei den Chronisten aus Schâh Dschahâns Zeit.
Wie üblich ist diese Geschichte aber wieder einmal zu schön, um wahr zu sein. Schâh Dschahân scheint nämlich alles andere als eine zartfühlende Persönlichkeit mit einer Neigung zur romantischen Liebe gewesen zu sein.
Zeitzeugen sprechen von Shah Jahan als einer arroganten, egomanischen und rücksichtslosen Person, deren einziges Interesse die eigene Größe und Macht war. (Conermann, S. 93)
Auch mit seiner Enthaltsamkeit nach Mumtâz Mahalls Tod war es vermutlich nicht allzu weit her, denn es gibt genügend Berichte über Schâh Dschahâns sexuelle Ausschweifungen. (Wenn ich mal etwas mehr Zeit habe, suche ich Ihnen ein paar Passagen heraus. Aber dafür brauchen wir einen eigenen Artikel ;-))
Eher als eine Liebeserklärung an Mumtâz Mahall ist der Taj Mahall ein Symbol für Schâh Dschahâns eigene Größe und Macht. Inschriften machen deutlich, daß das Mausoleum als Allegorie auf das Paradies zu verstehen ist.
Die vier künstlichen Wasserläufe stehen für die vier Paradiesesflüsse und das Grab selbst für den Thron Gottes. Unter diesem liegen Mumtâz Mahall und Schâh Dschahân begraben.
Auch wenn der Taj Mahal nicht in erster Linie ein Liebesbeweis an seine Frau war, dürfte Schâh Dschahân Mumtâz Mahall sehr zugetan gewesen sein.
Immerhin war sie nicht seine einzige Frau, doch er ließ gleich nach ihrem Tod den Taj Mahal errichten, der freilich erst über zehn Jahre später fertig gestellt wurde. Und wenn ich mich recht erinnere, hatte er mit keiner seiner anderen Ehefrauen so viele Kinder wie mit ihr.
Vielleicht war es ihm ja ein Trost, daß er die letzten acht Jahre seines Lebens, nachdem ihn einer seiner Söhne gefangen genommen und abgesetzt hatte, mit Blick auf den Taj Mahal zubrachte.
Literatur
Stephan Conermann, Das Mogulreich: Geschichte und Kultur des muslimischen Indien. München: Beck, 2006. S. 92-94.
Beitragsbild
Foto: Dhirad, Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported
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