Zwanzig Ehefrauen hatte er, der indische Mogulherrscher Salim, besser bekannt unter seinem Herrschernamen Nûr ud-Dîn Dschahângîr (regierte 1605-1627). Auf diesem Blog haben Susanne und ich schon häufiger über Dschahângîr gebloggt: sei es über seinen Alkoholkonsum, seine (angebliche) Affäre mit Anarkali, der Kurtisane seines Vaters Akbar, seine unglückliche Ehe mit seiner Cousine Mân Bai, die mit ihrem Selbstmord endete, seine Ehe mit Jagat Gosain und schließlich die letzte und zwanzigste Ehe mit Nûr Dschahân, von der Dschahângîr, wie man heute sagen würde, emotional abhängig war.
Heute soll es um eine von Dschahângiîrs unbekannteren Ehefrauen gehen, die dennoch am Hof von großer Bedeutung war: Sâliha Bâno Begum (st. 1620).
Was wissen wir über Sâliha Bâno Begum?
Leider sind die Quellen über Sâliha Bâno Begum nicht sehr ausführlich – wie wir später sehen, wissen wir die meisten Details zu ihrem Tod.
Noch nicht einmal ihr Geburtsjahr ist bekannt. Über ihre Familie wissen wir zumindest einiges: bereits Sâlihas Großvater hatte unter Akbar am Mogulhof gedient, ebenso ihr Vater Qâ’im Khân. Über Sâlihas Bruder ‘Abd ur-Rahîm wurde gesagt, dass er in die Kreise des Mogulhofs hineingeboren wurde. Nach der Hochzeit Dschahângîrs mit seiner Schwester stieg Abd ur-Rahîm weiter die Karriereleiter am Hof auf und erhielt den Ehrentitel Tarbîyat Khân.
Durch die hohe Stellung erhielt Sâliha Bâno Begum die übliche Ausbildung der Frauen des Moguladels, die neben religiöser Grundbildung auch Poesie und Musik umfasste.
Bekannt ist, dass Dschahângîr Sâliha Bâno 1608 heirate, als er bereits 39 Jahre alt und im dritten Jahr seiner Herrschaft war. Zu dieser Zeit hatte er bereits die meisten seiner zwanzig Frauen geheiratet. Auch vier potentielle Thronfolger waren bereits geboren.
In den offiziellen Quellen findet sich auch nichts zu Nachkommen von Dschahângîr und Sâliha Bâno Begum – es ist aber wahrscheinlich, dass eventuelle Kinder bereits im Säuglingsalter starben.
Sâliha Bâno hatte also wahrscheinlich keine eigenen Kinder, aber war für die Erziehung ihres Neffen (den Sohn Tarbiyat Khâns) im königlichen Harem verantwortlich.
Sâliha Bâno Begum als Pâdshâh Begum Dschahângîrs
Obwohl Sâliha Begum zeitlich gesehen nicht zu den ersten Frauen Dschahângîrs zählte und auch keinen potentiellen Thronerben zur Welt brachte, ernannte Dschahângîr sie zur offiziellen Kaiserin und damit zu seiner Hauptfrau. Das ging mit dem offiziellen Titel Pâdshâh Begum oder Pâdshâh Mahall einher. Sâliha Bâno war somit Dschahângîrs Hauptfrau – so wie Ruqaiya Begum diejenige Akbars gewesen war.
Scheinbar waren Dschahângîr und Sâliha Bâno Begum auf eine besondere Weise verbunden, die sich heute anhand der offiziellen Quellen nicht mehr nachvollziehen lässt.
1611 wurde die Beziehung zwischen Sâliha Bâno und ihrem Ehemann auf eine harte Probe gestellt, denn Dschahângîr verliebte sich in Nûr Dschahân und heiratete sie nur kurze Zeit später. Jagat Gosain war dafür bekannt, dass sie ständig im Harem spitze Bemerkungen zu der neuen Favoritin Dschahângîrs machte, allerdings konnte keine der Frauen den zunehmenden Einfluss Nûr Dschahâns am Hof verhindern.
William Hawkins, der Gesandte der britischen East India Company am Hof Dschahângîrs, berichtete von vier Hauptfrauen des Herrschers, wobei er Sâliha als Pâdshâh Begum zuerst erwähnte, dann Nûr Dschahân, und erst dann zwei seiner früheren Ehefrauen, auf die wir hier nicht eingehen wollen.
Leider liegen uns wie gesagt keine weiteren Infos zum Leben der Frauen im Harem und ihren Rivalitäten vor. Weitere Informationen zur Biographie Sâliha Bâno Begums haben wir leider erst aus dem Jahr 1620 – anlässlich ihres Todes.
Astrologen, Prophezeiungen und der Tod Sâliha Bâno Begums
Aus dem Dschahângîr-nâma, den Memoieren Dschahângîrs, erfahren wir, dass Sâliha Bâno Begum am 1. Juni (1620) starb, und dass Dschahângîr sehr betroffen war:
Am Mittwoch, dem 1. Juni starb Padishah Begum, and der Schmerz über dieses traurige Ereignis belastete mich sehr. Ich hoffe sehr, dass Gott der Allmächtige sich ihrer erbarmen wird.
Was diesen Eintrag so besonders macht, ist dass Dschahângîr eine Prophezeiung seines Astrologen überlieferte, die zu diesem Zeitpunkt ein paar Monate alt war und – wie Dschahângîr meinte – den Tod Sâlihas voraussagte. Was war passiert?
Zunächst einmal war es seit Akbar üblich, einen “kaiserlichen Astrologen” am Hofe zu ernennen. Der offizielle Titel dieser Astrologen, die immer aus der Religionsgemeinschaft der Hindus stammte, war Jyotisaraja. In den persischen Herrschermemoiren war die Bezeichnung dafür Joti Rai.
Wie sein Vater Akbar legte Dschahângir großen Wert auf die Weissagungen der Astrologen – vor allem, wenn sich die Prophezeiungen als wahr erwiesen: als Dschahângîr einmal schwer erkrankte, prophezeite der Joti Rai eine schnelle Genesung – als diese dann tatsächlich eintraf, ließ Dschahângîr den Astrologen in 500 Gold- und 7000 Silbermünzen aufwiegen.
Eine weitere Prophezeiung trat kurz von Sâliha Bâno Begums Tod ein. Der gesamte Haushalt Dschahângîrs befand sich auf einer Reise nach Kaschmir. An einem Tag fiel der etwa dreijährige Enkel Dschahângîrs, Schâh Schudschâ’, aus dem Fenster, landete aber halb auf einem Teppich, halb auf einem Diener. Der Astrologe sagte vorher, dass der Prinz schnell wieder geheilt würde. Obwohl die Verletzungen Schâh Schudschâ’s sehr schwer waren, beharrte der Jotik Rai darauf, dass er wieder komplett gesund werden würde. Als die Heilung eintrat, ließ Dschahângîr den Astrologen gegen Silbermünzen aufwiegen.
Wir wissen nicht, ob Sâliha Bâno Begum ebenfalls mit nach Kaschmir gereist war. Der Jotik Rai verkündete zur Zeit der Erkrankung Schâh Schudschâ’s eine Prophezeiung, dass “ein Bewohner des Harems der Keuschheit in die himmlischen Gefilde entschwinden” würde. Als Sâliha Bâno bald darauf verstarb, war Dschahângîr erschrocken und betroffen – auch darüber, dass der Jotik Rai erneut scheinbar Recht hatte.
Seine Betroffenheit über den Tod Sâliha Bâno Begums brachte Dschahângîr in seinen Memoiren zum Ausdruck – und beschrieb ihren Tod ausführlicher als z.B. den Jagat Gosains.
Den Titel seiner Hauptfrau, der Pâdshâh Begum, übergab Dschahângîr an Nûr Dschahân.
Die Moguln behielten die Position des Hofastrologen, des Jotik Rai, weiterhin bei.
Das Beitragsbild zeigt ein Portrait Dschahângîrs, gemalt von Abû l-Hasan. Es ist Public Domain.
Abu al-Hasan (1589-1630) / Public domain
Literatur:
Jahangir: The Jahangirnama. Memoirs of Jahangir, Emperor of India / Translated by Wheeler M. Thackston New York [et al.]: Oxford Univ. Press, 1999.
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