Im ersten Teil meiner Miniserie über die Familie des Mogulherrschers Akbar (st. 1605) in Kabul ging es um Akbars „Stiefmutter“ Mâh Chûchak Begum (st. 1564), die Akbars Vater Humâyûn (st. 1556) im Jahr 1549 geheiratet hatte. Während Humâyûn jedoch seine ersten beiden Frauen Bega Begum und Hamîda Bâno Begum mit in die neue Hauptstadt seines Reiches, Delhi, nahm, blieben Mâh Chûchak Begum und die gemeinsamen fünf (oder sechs?) Kinder in Kabul zurück.
Der älteste Sohn Mâh Chûchaks, Mirzâ Hakîm (st. 1585) wurde 1554 im Alter von einem Jahren noch von seinem Vater zum Herrscher über Kabul gemacht – während sein Bruder Akbar als Nachfolger des gesamten Mogulreiches bestimmt wurde. Mirzâ Hakîm war also kein unabhängiger Herrscher über Kabul, sondern unterstand in letzter Konsequenz seinem Bruder Akbar. Humâyûn setzte für Mirzâ Hakîm und die übrige Familie regelmäßige Zahlungen, also eine Apanage, fest.
Mâh Chûchak und ihre Pläne für Hakîm Mirzâ
Akbar war nur vierzehn Jahre alt, als er zum Mogulherrscher wurde, Mirzâ Hakîm war zu diesem Zeitpunkt drei Jahre alt. Akbar bestätigte Humâyûns Verfügungen für seine Familie in Kabul. Als Aufsicht (und somit als Regent) in Kabul bestimmte der Hof in Delhi Mumîn Khân, der dieses Amt zunächst auch einige gut, doch dann verließ Mumîn Khân Kabul, um Karriere am Hof Akbars zu machen.
Mumîn Khân platzierte seinen Sohn Ghanî Khân am Hof Mâh Chuchaks und Mirzâ Hakîms, um Akbars Interessen in Kabul zu wahren. Ghanî Khân erwies sich jedoch als unfähig, und so konnte Mâh Chûchak drei eigene Berater am Hof installieren, die Kabul als ihre Marionetten regierten. Da zwei der Berater Mâh Chûchaks Erwartungen nicht erfüllten, ließ sie die beiden ermorden – den dritten ersetzte sie durch einen gewissen Haidar Qâsim Kohbur. Gulbadan Begum, Akbars Tante, notierte im Humâyûn-nama (S. 62), dass Mâh Chûchak schockierenderweise Haidar Qâsim sogar geheiratet habe.
Mirzâ Hakîms Berater Ghanî Khân versuchte verzweifelt, Akbar von Kabul aus zu unterstützen, konnte jedoch keine Verbündeten für den Kampf gegen Mâh Chûchak gewinnen. Er floh nach Indien an Akbars Hof – Akbar schickte daraufhin seine Truppen unter der Führung Munîm Khâns in Richtung Kabul. Es kam zu einer großen Schlacht zwischen Akbars und Mâh Chûchaks Truppen bei Dschalalabad. Mâh Chûchak gewann diese Schlacht – Akbars Truppen mussten sich aus Afghanistan zurückziehen.
Abû Ma’alî: eine Bedrohung für Akbar und Mirzâ Hakîm
Zu diesem Zeitpunkt erschien noch ein weiterer Spieler auf der politischen Bühne, der einen entscheidenden Einfluss auf das Geschehen haben sollte: Abû Ma’âlî. Ich werde jetzt nicht auf seine „Karriere“ bis zu diesem Zeitpunkt eingehen – es sei nur soviel gesagt: Abû Ma’âli entstammte einer berühmten Familie von Prophetennachfahren (sayyids) aus der persischen Stadt Täbriz. Er war zuvor bereits mit den Mogulherrschern in Konflikt geraten und war in Lahore festgesetzt worden.
Abû Ma’alî war nun aus dem Gefängnis in Lahore und wandte sich an Akbars Gegnerin Mâh Chûchak in Kabul. Diese nahm Abû Ma’âlî nicht nur bereitwillig auf, sondern verheirate ihn auch mit Mirzâ Hakîms Schwester Bakht un-Nisâ‘ Begum.
Nach kurzer Zeit riss Abû Ma’alî die Herrschaft an sich und ermordete persönlich Mâh Chûchak und ihren Ehemann Haider Qâsim im Jahr 1564. Mirzâ Hakîm, zu diesem Zeitpunkt knapp elf Jahre alt, konnte nach Badachschan flüchten, das von Sulaimân Mirzâ beherrscht wurde. Sulaimân Khân fürchtete, dass auch sein Reich in Gefahr war, zog gegen Abû Ma’âlî in den Krieg und besiegte ihn. Abû Ma’âlî wurde gefangen genommen und an Mirzâ Hakîm übergeben – dieser ließ ihn umgehend hinrichten. 1566 heiratete Mirzâ Hakîm die Tochter des Herrschers von Badachschan.
Kabul war zumindest kurzzeitig für das Mogulreich gesichert, doch Mirzâ Hakîm war weit davon entfernt, seine Ansprüche auf das gesamte Mogulreich aufzugeben. Wie er weiterhin Akbars Nerven auf die Probe stellte und schließlich verlor, ist in einer Fortsetzung zu lesen…..
Literatur:
Munis D. Faruqui: The Princes of the Mughal Empire, 1504-1715. Cambridge et al., 2012.
Gulbadan Begum: The History of Humâyûn (Humâyûn-Nâma) / transl. Annette S. Beveridge. London 1902.
Beitragsbild: Das Beitragsbild zeigt ein Portrait Akbars aus dem 17. Jahrhundert. Es unterliegt der Public Domain Lizenz.
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