Akbars Töchter: unverheiratet per Erlass?

Nachdem wir ja schon einige Beiträge zu Dschahângîr und seinen Brüdern verfasst hatten, soll es heute um Akbars Töchter gehen.

Hintergrund sind auch einige Quellen (vornehmlich aus dem Internet, die ihrerseits ihre Quellen nicht angeben), die behaupten, dass Akbar ein Dekret (farmân) erlassen hätte, dass alle Töchter bzw. Enkelinnen auch zukünftiger  Mogulherrscher unverheiratet zu bleiben hätten.

Die Existenz dieses Dekrets ist bis heute nicht wirklich bewiesen. Es stimmt es auch nicht, dass Akbars Töchter unverheiratet blieben. Aber kommen wir zurück zu den Töchtern Akbars. Es ist interessant, dass Abû l-Fazl, der Im Akbar-nâma, den Momoiren  wurden die Namen der Kinder Akbars nicht erwähnt. Die wichtigsten Informationen erfahren wir von Akbars Sohn Salîm / Dschahângîr in dessen eigenen Memoiren, dem Jahaâgiînâma. Dort berichtet er von der Geburt seiner Geschwister. Drei Schwestern werden dort erwähnt.

Zunächst nennt er Shâhzâda Sultân Khanum (1569-1603), die nur drei Monate nach ihm selbst zur Welt kam. Ihre Mutter war eine Konkubine namens Bîbî Salîma. Shâhzâda Khanums Erziehung wurde komplett von Akbars Mutter Hamîda Bâno Begum übernommen.

Im Alter von 25 Jahren heirate Shâhzâda Sultân Khanum Mîrzâ Muzaffar Hussain Safavî, einen Prinzen des Safavidenreiches. Auf diese Weise sorgte Akbar dafür, dass die Verbindung zum persischen Safavidenreich stark blieb. Im Alter von etwa 34 Jahren starb Shâhzâda Khanum an den Folgen der Ruhr.

Interessanterweise berichtete Dschahângîr in seinen Memoiren nichts über ihren Charakter, so dass ihr Bild recht blass blieb.

Dschahângîrs zweite Schwester, von der er in seinen Memoiren berichtet ist Shakr un-Nisâ Begum. Lassen wir also Dschahângîr sprechen: (Jahangirnama 39, Übersetzung aus dem Englischen C.P.)

Nach Danyals Geburt brachte Bibi Dawlatshad eine Tochter zur Welt, und diese wurde Shakarunnisa Begam genannt. Da sie im Schoß der Fürsorge meines Vaters aufwuchs, entwickelte sie sich sehr gut, gutmütig, und allen Menschen zugeneigt. Seit ihrer frühesten Kindheit war sie mir zugetan. So eine Zuneigung zwischen Bruder und Schwester existiert nur selten.

Shakr un-Nisâ‘ Begum heirate Mîrzâ Shâhrukh, einen entfernten Cousin und (ehemaligen) Herrscher von Badakhshan.

Die Ehen der beiden Schwestern Salîms wurden von Akbar nicht zufällig in dieser Form arrangiert. Beide Schwestern waren bekannt dafür, Salîm im Harem gegen Akbar zu unterstützen. Salîms Beziehung zu seinem Vater war ja schon sehr abgekühlt. Akbar entschloss sich also, zwei sehr starke Persönlichkeiten mit eigenen politischen Ambitionen als Schwiegersöhne auszuwählen. Diese waren nicht bereit, Salîms Herrschaftsansprüche (zumindest zu Akbars Lebzeiten) anzuerkennen. Salîm verlor mit den Eheschließungen seiner Schwestern gleichzeitig auch zwei wichtige Fürsprecherinnen im Harem.

Bliebe also noch Schwester Nummer drei: Ârâm Bâno Begum (geb. 1584, st. 1624 ). Zu ihr schrieb Dschahângîr (Jahangirnama, 39) :

Nach einer Weile brachte Bibi Dawlatshad eine weitere Tochter zur Welt, die Aram Banu Begam genannt wurde. Ihr Temperament war von heftigen Stimmungsschwankungen und Heftigkeit geprägt. Mein Vater (i.e. Akbar) liebte sie so sehr, dass er geflissentlich über ihre Unhöflichkeiten hinwegsah – und aus seiner Sicht der Dinge, da er sie so sehr liebte, schien sie ja gar nicht so schlimm zu sein. Er sagte häufig zu mir: ‚Baba, mit zuliebe, wenn ich eines Tages nicht mehr unter Euch bin, behandle Deine Schwester, die wie die Inder sagen, mein kleiner Liebling (ladla) ist, so wie ich es immer tue. Dulde ihre Eitelkeit und sieh über ihre Ruppigkeit und Frechheit hinweg.

Die Beschreibung macht deutlich, dass Ârâm Bâno wohl eher zu den Unterstützerinnen Akbars als zu denen Salîms gehörte. Ironischerweise war es ausgerechnet diese Schwester, die (wahrscheinlich) nicht verheiratet war und Zeit ihres Lebens am Hof ihres Bruders lebte. Auch sie starb an den Folgen der Ruhr. Sie wurde im Mausoleum ihres Vaters bestattet.

Man kann also nicht behaupten, dass Akbar angeordnet hatte, dass seine Töchter unverheiratet bleiben sollten. Fakt ist aber, dass die Verheiratung der Töchter nach bestimmten Strategien erfolgte, die sich nach der Politik, aber auch der Familie richteten Seit Akbars Zeiten war die Cousinenheirat besonders populär, doch das ist einen weiteren Blogbeitrag wert.

Literatur: THE JAHANGIRNAMA: Memoirs of Jahangir,  Emperor of India/
Translated, edited, and annotated by Wheeler M. Thackston. Oxford: OUP, 1999.

Bildnachweis:

Royal Mughal Lady: See page for author [Public domain], via Wikimedia Commons

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