Im Weihnachtsspecial 2018 hatte ich die Kirche im indischen Agra beschrieben, die der muslimische Mogulherrscher Akbar (regierte 1556-1605 ) errichten ließ.
Angeregt durch einen religiösen Diskurs mit den portugiesischen Jesuiten-Mönchen an seinem Hof, beschäftigte Akbar mit dem Christentum und gestattete den Christen Agras schließlich, eine eigene Kirche zu erbauen.
Das zweite Zentrum der jesuitischen Mission war die Stadt Lahore, die im heutigen Pakistan liegt. Lahore war von 1585-1598 Hauptstadt des Mogulreiches, da Akbar sich erhoffte, von dort aus die militärischen Auseinandersetzungen im Nordwesten seines Reiches besser unter Kontrolle zu bringen. Nachdem ihm dieses gelungen war, richtete Akbar seinen Hof wieder in Agra ein. Lahore blieb dennoch ein wichtiges weiteres Zentrum des Mogulreiches. Aus diesem Grund war es auch wichtig für die Jesuiten, ihre Missionsaktivitäten in Lahore beizubehalten. Sie hofften immer noch, dass wichtige Mitglieder des Hofes oder sogar der Herrscher selbst zum Christentum konvertieren würden. Diese Hoffnung mussten die die Jesuiten jedoch aufgeben – zumindest unter Akbars Herrschaft.
Akbars erster Dialog mit den Jesuiten
So war die erste Mission der Jesuiten 1583 gescheitert – die Jesuiten um Pater Rodolfo Acquaviva kehrten zurück zur Basis der jesuitischen Mission in Goa, wo Acquaviva während hinduistischer Aufstände getötet wurde. Akbar war schockiert von Acquavivas Tod, denn er hatte sich mit ihm häufig über die Lehren des Christentums unterhalten. Akbar war besonders an den Feiertagen von Ostern und Weihnachten interessiert, wie wir in einem Bericht lesen können (Du Jarric: Akbar and the Jesuits, S. 22)
Pater Aquaviva (sic!) kam ein anderes Mal an den Hof (i.e. Fatehpur Sikri, CP), um dem Kaiser mit einem Geschenk Bonne Pasques oder Frohe Ostern zu wünschen, da es der Abend der Wiederauferstehung unseres Erlösers war. Seine Majestät war sehr erfreut darüber. Er erwies dem Pater eine große Ehre, indem die Unterhaltung mit ihm bis spät in die Nacht führte. Er stellt ihm viele Fragen: über das Wunder der Auferstehung unseres Erlösers und die Regeln, die Christen bei den Gebeten zu Gott befolgen. Diese und andere Fragen wurden beantwortet und Akbar entließ den Pater mit großer Freundlichkeit.
Die zweite Jesuitenmission und die Kirche in Lahore
Nach Pater Acquavivas Tod dauerte es sieben Jahre, bis Akbar wieder Kontakte zu den Jesuiten aufnahm. Ein gewisser Pater Leo Grimon suchte den Hof Akbars in Lahore im Jahr 1590 auf. Grimon stammte aus Griechenland, eine Tatsache, die Akbar besonders interessierte. So vereinbarte er mit Grimon die Übersetzung verschiedener griechischer Werke – ob diese Vorhaben durchgeführt werden, ist allerdings unbekannt.
Akbar ließ Grimon eine Einladung an seinen Hof überbringen. Während einige Jesuiten daraufhin nach Agra reisten, blieben mehrere Mönche in Lahore. Drei von ihnen (Pater Edward Leitao, Pater Christopher de Vega and Bruder Stephen Ribero) sollen laut einiger portugiesischer Quellen eine kleine Kirche aus Holz errichtet haben. Dabei halfen ihnen armenische Christen und wahrscheinlich auch Einwohner Lahores. Akbar hingegen war von der Errichtung der kleinen Kirche nicht angetan. Er erteilte zwar kein Verbot der Kirche, erlaubte aber nicht, dass das Kreuz auf dem Dach sichtbar aufgestellt wurde. So wurde das Kreuz schließlich in dem kleinen Raum der Holzkirche untergebracht.
Die große Kirche von Lahore und die Osterfeierlichkeiten
1595 gestattete Akbar dann schließlich den Bau einer Kirche in Lahore. Diese wurde 1597 offiziell eingeweiht. Akbar unterstützte den Bau finanziell und stiftete auch einige religiöse Bilder, die er von seinen Hofmalern anfertigen lassen hatte.
Ostern wurde in dieser Kirche immer Szenen aus dem Leben Jesu gespielt, zudem gab es auch Darstellungen bzw. Vorträge zur Überlegenheit der christlichen Religion. An den Feiertagen suchten Tausende von Menschen aller Religionen die Kirche auf. Auch die Konversionen zum Christentum nahmen an diesen Tagen immer zu. Akbar selbst besuchte die Kirche in Lahore einige Male – auch die Mitglieder seiner Familie und Angehörige seines Hofes kamen oft vorbei.
Akbar schuf sowohl in Agra als auch in Lahore ein Klima der religiösen Toleranz und Offenheit. Obwohl es auch von Anhängern aller anderen Religionen Proteste gegen den Besuch einer christlichen Kirche gab, besuchten auch Muslime und Hindus die Kirche in Lahore. So gab es einen Austausch und Dialog der Religionen, der bis heute seinesgeichen sucht.
Das Beitragsbild zeigt die Geburt Jesu auf dem Bild eines Malers des Mogulhofes im 18. Jahrhundert.
Literatur: Du Jarric, Pierre: Akbar and the Jesuits / translated by C.H.Payne. London 1926 (1st ed.)
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