Eine Weihnachtskrippe für Akbar: Weihnachten 1597 in Lahore (Weihnachtsspecial 2024)

Persophonie Krippe Geburt Christi Mogul

Eine Krippe zu Weihnachten gehörte in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert in Deutschlands Wohnzimmer wie ein Weihnachtsbaum – doch wieso war bereits 1599 eine Krippe in Lahore (heute Pakistan) im islamischen Mogulreich aufgebaut?

Weihnachtskrippen in Deutschland

Die Geburt von Jesus ist für das Christentum eines der wichtigsten Feste. Gerade in Deutschland haben sich mit Weihnachtsbaum, Weihnachtskrippen und Weihnachtsliedern besondere Weihnachtstraditionen rund im das Weihnachtsfest herausgebildet. Weihnachtskrippen, die Verehrung des neugeborenen Jesuskindes in der Krippe zeigen, sind nicht nur in Kirchen, sondern auch in privaten Wohnzimmern zu finden. Traditionell finden sich in der Weihnachtskrippe die folgenden Elemente:

  • der offene Stall mit der Krippe, in dem das
  • Jesuskind liegt,
  • Maria und Josef
  • Ochs und Esel anwesend sind
  • sowie häufig
  • Engel
  • Hirten
  • „die Sternendeuter (Magier) aus dem Osten“ / die Heiligen 3 Könige

Zunächst konnten sich nur wenige Menschen eine eigene Krippe leisten, aber ab dem 19. Jahrhundert wurden Krippen aus preiswerten Materialien wie Pappmaché gebaut. Bevor sich Weihnachtsbäume in Deutschland durchsetzten, gehörten Krippen zu Weihnachtsfest dazu. Dabei spielen die lokalen Einflüsse derjenige, die die Krippe bauen, eine große Rolle. In Süddeutschland findet man oft Krippen, die eine alpenländische Winterlandschaft abbilden.

Die Rolle der Jesuiten

Die drei Mönchsorden der Serviten, der Franziskaner und der Jesuiten wollten schon im 16. Jahrhundert den Menschen, die nicht selbst die Bibel lesen konnten, das Leben von Jesus vermitteln. In kleinen Kisten wurden diese Szenen nach- und in Kirche aufgestellt. Wohlhabende schafften sich diese kleinen Kästchen, die man als Vorläufer der Krippe bezeichnen konnte, für ihre Privathäuser an. Nach und nach wurden die Krippen in den Kirchen größer und aus Material wie Gips und Holz gebaut.

Jesuiten in Indien am Hofe Akbars

Über christliche Missionare verbreitete sich die Weihnachtsbotschaft und die Lehren über das Leben Jesu auch nach Asien. Bei der christlichen Mission in Japan, China und Indien spielte der Orden der Jesuiten eine große Rolle. Eine spannende Darstellung der Jesuiten als Missionare und politische Akteuere in Japan zeigt übrigens auch die erfolgreiche TV-Serie Shogun (2024), basierend auf dem Roman von James Clavell. Die Serie spielt vor dem Hintergrund der portugiesischen Kolonialisierung von Macau, das die Portugiesen als wichtige Station auf dem Seeweg nach Indien betrachteten.

Zurück zu Indien: auch hier waren die Jesuiten missionarisch tätig und bemühten sich außerdem von ihrer Basis Goa aus, den Einfluss des portugiesischen Königs in Indien zu verbreiten. Goa im Süden Indiens war eine portugiesische Kolonie und das Zentrum der Jesuitenmission in Indien.Von Goa aus kam Pater Jerome Xavier 1595 an den Hof des muslimischen Mogulherrschers Akbar (st. 1605) Hof in Lahore. Lahore im heutigen Pakistan war neben Agra, Fatehpur Sikri und Delhi eine der Hauptstädte des Mogulreiches. Akbar trug mit der Förderung von Kunst, Architektur und Religion viel zur prachtvollen Entwicklung seiner Hauptstadt bei. Akbar erlaubte den Jesuiten 1595 den Bau einer kleinen Kapelle und 1597 sogar den Bau der ersten Kirche in Lahore. Diese wurde am 7. September 1597 offiziell geweiht.

Grund für diese Erlaubnis war sicherlich, dass Akbar sich sehr mit den christlichen Lehren beschäftigte. Wie für alle Muslime war Jesus (Arabisch Îsâ ibn Maryam) für Akbar ein wichtiger Prophet des Islam. Sein Leben und seine Wundertaten faszinierten ihn besonders. Pater Jerome Xavier überreichte Akbar später sogar eine Jesus-Biographie in persischer Sprache, das Werk Mir’at al-Quds („Spiegel der Heiligkeit“). Darüber habe ich auch schon einmal in einem älteren Beitrag berichtet.

Die erste Krippe – 1597 in Lahore

Für die Jesuiten war es ermutigend, dass der muslimische Herrscher sich für das Leben Jesu interessierte. Deshalb war es für die Jesuiten wichtig, die Verehrung des Jesuskind für die wenigen Christen und die vielen Nicht-Christen in einer Weihnachtskrippe in der Kirche Lahores darzustellen.

In seinen Briefen von Lahore nach Goa berichtete Pater Jerome Xavier, dass Bruder Bento de Goes Weihnachten 1597 eine Krippe anfertigte, die „genau so wundervoll war wie diejenige in Goa.“ Die Krippe, auf Persisch kunâbalân, wurde von de Goes zusammengestellt, die Figuren von lokalen Handwerkern unter Aufsicht der Jesuiten angefertigt.

Akbar und seine Söhne (auf jeden Fall der Thronfolger Salîm/ Jahângîr) kamen, um die Krippe zu besichtigen. Sie zündeten auch Kerzen zu Ehren von Jesus an.

In der Messe wurde die Weihnachtsbotschaft verkündet, aber es wurden auch ein paar Sprüche auf Persisch und Hindustani hinzugefügt.

Danach wurden die Tore der Kirche geöffnet, so dass auch Hindus und Muslime die Krippe betrachten konnten. Gemäß den Berichten der Jesuiten war das ein großer Erfolg, und Hunderte Menschen besichtigten die Krippe.

Die Jesuiten wussten genau, dass die biblische Erzählung der Geburt Jesu viele Menschen – nicht nur Christen bewegte. Aus diesem Grund wurden die Krippen immer aufwändiger gestaltet, und immer mehr Elemente wurden der Weihnachtskrippe hinzugefügt.

Ungewöhnliche Krippen und Krippenspiele

Im Jahr 1600 wurden die Figuren der Heiligen Drei Könige den Weihnachtskrippen in Lahore hinzugefügt. Doch nicht nur das, die Krippe zeigte einige ungewöhnliche Elemente.

  • Figuren einger Propheten und Sprüche in persischer Sprache, die die Geburt Jesu vorhersagten
  • die Hirten, die einigen Brahmanen die Geburt Jesu in Bethlehem verkündeten

Aber vor allem einige hydraulische Erfindungen„, die von Goa aus nach Lahore gebracht wurden (Mac:

Vor Rührung „weinende“ Figuren der Heiligen Drei Könige

Affen, bei denen die Tränen der Rührung aus den Augen flossen

Vögel, die auf mysteriöse Weise gesungen haben

Auf diese Weise wurden die Weihnachtskrippen dem indischen Publikum (in den Augen der Jesuiten) Vorlieben derjenigen angepasst, die die Krippen besichtigten. Das Element der Ergriffenheit beim Anblick des Jesuskindes in der Krippe wird von Pater Jerome Xavier immer wieder betont.

Auch soll beim Krippenspiel im Jahr 1600 ein Darsteller, der einen der Heiligen Drei Könige verkörperte, in Tränen ausgebrochen sein. Jerome Xavier fragte ihn, warum er den weine, da doch die Geburt Christi ein Grund zur Freude und ein Beweis der Liebe Gottes für die Menschen sei. Darauf antwortete der Darsteller: „Oh Gott, ich sehe, dass du zu meinem Wohl in dieser Welt in Armut lebst. Wofür brauche ich ein Königreich, Erhabenheit, Ehefrauen oder Kinder? Ich werde alles aufgeben und dir folgen!“

Die Jesuiten sahen im Aufbau der Krippen die Gelegenheit, mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, und auch, um Menschen zum Christentum zu bekehren. Zumindest die Anzahl der Menschen, die die Krippen in Lahore und Agra besichtigten, steigerte sich in nur wenigen Jahren von einigen Hunderten auf 3.000-4.000 und auf mehr als 14.000 Besucher. Einige Menschen nahmen sogar einzelne Strohhalme der Krippe als Andenken mit.

Obwohl Akbar von einigen Vertretern an seinem Hof für die Unterstützung der Jesuiten und dem Aufbau der Krippe kritisiert wurde, hielt er daran fest und besuchte die Krippen in jedem Jahr mit den einigen Frauen des Hofes und seinen Söhnen. Die Darstellung des Lebens Jesu, sowohl durch die Krippe als auch in der Malerei, war für Akbar ein wichtiges Anliegen.

Literatur:

Alle Angaben wurden dem folgenden Buch entnommen:

Maclagan, Edward: The Jesuits and the Great Mogul. London 1932.

Das Beitragsbild zeigt die Geburt Christi in einem Mogulbild: National Museum, Public domain, via Wikimedia Commons

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