Atga Khân: Akbars zweiter Ziehvater (Jodha Akbar)

In einem meiner älteren Beiträge zur indischen TV-Serie Jodha Akbar hatte ich bereits über Bairam Khân geschrieben, der in dieser Serie als grausamer Militärführer dargestellt wird. Auch für Akbars Grausamkeit wird Bairam Khân verantwortlich gemacht.

Demgegenüber gibt es einen weiteren einflussreichen Ratgeber Akbars, der in der Serie als weiser und loyaler Mann dargestellt wird. Atga Khân, manchmals auch Ataga Khân oder Ataka Khân geschrieben. Ataga Khân bedeutet im Chagatai-Türkischen, der Sprache Bâburs und auch Humâyûns, „Ziehvater“ – doch dazu später.

Atga Khân entstammte einfachen Verhältnissen, er wurde in Ghazni im heutigen Afghanistan geboren. Sein eigentlicher Name war Schams ud-Dîn Muhammad, was „Sonne der Religion“ bedeutet.

Kabul war ja zu diesem Zeitpunkt der Herrschaftsmittelpunkt der Mogulendynastie. Die Eroberungen in Indien konnten von Bâburs Sohn Humâyûn nicht dauerhaft gehalten werden – die Sur-Dynastie konnte eine Zwischenherrschaft in Indien errichten. Gleichzeitig versuchte in und um Kabul, Humâyûns Halbbruder Kamrân Mîrzâ die Macht zu ergreifen – unruhige Zeiten für Humâyûn… Zu dieser Zeit war Atga Khân nur ein einfacher Soldat in Humâyûns Armee.

Atga Khân – der Lebensretter

Doch dann kam der Augenblick, der Atga Khâns Leben und seiner Karriere eine Wendung gab. Als Humâyûn sich nach der verlorenen Schlacht von Kannauj im Jahr 1540 zurückzog, hatte er einen Unfall mit seinem Reitelefanten: Während er den Ganges überquerte, wurde er von seinem Elefanten abgeworfen und wäre beinahe ertrunken. Nur das schnelle Eingreifen des einfachen Soldaten Atga Khâns bewahrte Humâyûn vor dem Tod. Humâyûn machte Atga Khân zu einem seiner persönlichen Wachen. Im Laufe der Zeit konnte Atga Khân immer mehr das Vertrauen des Herrschers gewinnen.

Aus diesem Grund ließ Humayûn, der mehrere Niederlagen gegen Sher Schâh Surî erlitt und ins Exil nach Persien ging, seinen Sohn Akbar in Umerkot (heute Pakistan) zurück. Akbar wurde von Bairam Khân in der Kriegskunst ausgebildet und von Atga Khân erzogen und beraten.

Der Einfluss der Ammen

An dieser Stelle ist jedoch auch der weibliche Einfluss nicht zu unterschätzen: Von Akbars Amme Mahâm Anga, die später unter Akbars Herrschaft Premierminister wurde, war schon die Rede. Akbar hatte jedoch insgesamt fünf Ammen, von denen eine andere Jîjî Anga war – Atga Khâns Frau. Somit wuchsen Akbar, Mahâm Angas Sohn Adham Khan und Atga Khâns Mîrzâ ‚Azîz „Kokah“  im Harem zusammen als (Milch-) Brüder auf. Akbars Ammen beobachteten misstrauisch, wem Akbar am Hof eine bedeutende Stellung einräumte. Mahâm Anga war der zunehmende Einfluss der Familie Atga Khâns ein Dorn im Auge: Akbar machte seinen Ziehvater Atga Khân zum Minister (wakîl) am Hofe, während Adham Khân weiter als Militärführer ohne beratende Funktion tätig war, bei bedeutenden Entscheidungen aber ohne Einfluss blieb.

Diese Spannungen zwischen den Familien Jîjî Angas und Mahâm Angas schaukelten sich weiterhin hoch, bis im Jahr 1562 Mahâm Angas Sohn Adham Khân in Akbars Audienzhalle (dîwân-e ‚âmm) stürmte und Atga Khân ermordete. Obwohl Adham Khân ja Akbars Milchbruder war, ließ Akbar Adham sofort hinrichten: indem er ihn zwei Mal von der höchsten Stelle des Forts in Agra werfen ließ. Mahâm Anga starb nur knapp sechs Wochen nach ihrem Sohn.

Mîrzâ ‚Azîz Kokah ließ für seinen ermordeten Vater ein großes Grabmal in der Nähe des berühmten Sufi-Schreins von Nizâm ud-Dîn Auliyâ‘ (st. 1325) errichten. Er selbst hielt wichtige Ämter unter Akbar und dessen Sohn Dschahângîr inne. Zudem verheiratete er zwei seiner Töchter Söhnen Akbars aus Beziehungen mit seinen Dienerinnen bzw. Tänzerinnen.

Mirza_Aziz_Koka

Auch Adham Khâns Kinder (von drei Ehefrauen) heirateten weiterhin im Umfeld des Harem, eine Tochter von ihm heiratete sogar Akbar selbst, einer seiner Söhne heirate eine von Akbars Töchtern.

Das Beispiel von Atga Khân zeigt deutlich die Auseinandersetzungen verschiedener Gruppen und Familien im Harem und bei Hofe. Verbindungen und Allianzen zwischen Familien wurden oft über Generationen geschlossen und hielten trotz Belastungen auch Streitigkeiten und sogar Mord stand……

Das Beitragsbild zeigt den ‘Abd ul-Rahîm Khân, den späteren Khân-e Khanân, der als Kind am Hof Akbars vorgestellt wird. Bei dieser Vorstellung wird er von Atga Khân unterstützt. Das Bild unterliegt der Wikimedia Commons Lizenz.

Das zweite Bild zeigt Atga Khâns Sohn Mîrzâ ‚Azîz Koka. Auch dieses Bild unterliegt der Wikomedia Commons Lizenz.

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