Vasco da Gamas Ankunft in Calicut an der Malabar-Küste im Jahr 1498 war der Beginn der portugiesischen Kolonialisierung Südindiens. Damit ging auch die christliche Missionierung durch den noch relativ jungen Jesuitenorden einher.
Ausgehend von Goa, der Hauptstadt Portugiesisch-Indiens, weiteten die Jesuiten ab 1541 ihre Aktivitäten des Handels und der Missionierung in das Herrschaftsgebiet der (muslimischen) Mogulherrscher aus. Der Herrscher reagierte, indem er den Kontakt zu den Jesuiten suchte.
So hielten sich auf Einladung Akbars (reg. 1556-1605) nacheinander insgesamt drei Gruppen von Missionaren des Jesuitenordens am Mogulhof auf – und waren somit wohl die ersten Europäer, die direkten Zugang zum Herrscher erhielten.
Die Missionierung von Würdenträgern des Hofes oder gar Mitgliedern der Herrscherfamilie verlief jedoch schleppend oder funktionierte gar nicht.
Pater Jerome Xavier war schließlich derjenige, der Erfolge bei der Missionierung am Mogulhof aufweisen konnte. Pater Xavier kam im Mai 1595 in Begleitung von Pater Emmanuel Pinheiro und Bruder Bento de Góis noch zur Regierungszeit Akbars am Mogulhof in Lahore an.
Dort wurden den Jesuiten ein Palast und ein Lehrer zum Erlernen der persischen Sprache zur Verfügung gestellt. Der Herrscher zeigte besonderes Interesse am religiösen Austausch mit den Jesuiten, war aber nicht bereit, zum Katholizismus zu konvertieren.
Vor allem die christliche Lehre von der Göttlichkeit Jesu konnte ihn keinesfalls überzeugen, auch wenn er als Muslim Jesus als einen Propheten erachtete (meinen Gastbeitrag zu Jesus im Islam finden Sie hier).
Pater Jerome Xavier glaubte allerdings weiter an den Erfolg seiner Missionstätigkeiten. So verfasste er auf Portugiesisch eine Sammlung von Legenden und Episoden aus dem Leben Jesu, die als Mir’ât al-quds („Spiegel der Heiligkeit“) oder auch als Dastân-e masîh („Geschichte des Messias“) bekannt wurde. Unter der Patronage Akbars wurde sie ins Persische übersetzt.
Doch obwohl Akbar anscheinend biblische Schilderungen des Lebens Jesu schätzte, erreichte Pater Xavier weiterhin nicht, dass der Herrscher zum Katholizismus konvertierte.
1610 jedoch, unter Akbars Nachfolger Dschahângîr (reg. 1605-1627), schienen sich die Anstrengungen der Jesuiten auszuzahlen: ihnen wurde gestattet, drei Mogulprinzen zu taufen. Es handelte sich um Neffen Dschahângîrs, Söhne seines verstorbenen Bruders Daniyāl. Am 5. September 1610 wurde die Taufe in der Kirche von Agra in Anwesenheit aller Christen der Stadt begangen.
Die drei Prinzen trugen portugiesische Kleidung und erhielten von den Jesuiten jeweils ein großes goldenes Kreuz. Die Taufe soll so emotional gewesen sein, dass die Anwesenden zu Tränen gerührt waren und für einen Tag auch die Differenzen zwischen den christlichen Konfessionen – also zwischen Briten und Portugiesen – vergessen waren. Die Glocke der Kirche von Agra soll so heftig geläutet haben, dass sie zerbrach.
Mit ihrer Konversion erhielten die drei Prinzen christliche Namen: Tahmûras wurde nach dem spanischen König Don Felipe benannt, aus Bâyansangar wurde Don Carlos, und Hûschang erhielt den Namen Don Henrique nach dem letzten portugiesischen König.
König Phillip III. von Portugal sandte einen persönlichen Brief an Dschahângîr, in dem er ihm für die Konversion seiner Neffen dankte und diese zu seinen persönlichen Patenkindern erklärte.
In der Folgezeit erhielten die drei Prinzen auf Anweisung des Herrschers täglich religiöse Unterweisungen durch Pater Corti, dem die Prinzen immer mit Respekt begegneten.
Gegen den Widerstand der Frauen aus dem Königlichen Harem (zanâne) konnten die Jesuiten ihren Einfluss am Mogulhof weiter erhalten. Die drei Prinzen feierten sowohl die Weihnachtstage 1610 als auch Ostern 1611 in Agra ausgiebig.
So ist überliefert:
Nachdem die Ostermesse beendet war, küssten die Prinzen die Hände der Priester, aßen ihre Ostereier mit Genuss, schauten den Unterhaltungsdarbietungen zu, die von den Patern organisiert worden waren und kehrten dann in Begleitung einer großen Gruppe von Christen – unter ihnen auch Briten – auf dem Pferderücken (in den Palast) zurück.
Und ja, Sie haben richtig gelesen, es ist von mehreren Feierlichkeiten überliefert, dass die Jesuiten ein „Rahmenprogramm“ mit Gauklern, Seiltänzern und Akrobaten organisierten.
Anscheinend blieb 1611 aber das einzige Jahr, in dem Ostern am Mogulhof gefeiert wurde. 1613, mit Verschlechterung der Beziehungen zwischen Dschahângîr und den Portugiesen, gaben die drei Prinzen die Goldkreuze zurück, die sie zur Taufe erhalten hatten, und verkündeten, sie seien keine Christen mehr.
Auch der Herrscher selbst machte deutlich, dass er niemals zum Christentum konvertieren würde. Pater Jerome Xavier verließ daraufhin den Mogulhof und kehrte nach Goa zurück.
Dr. Claudia Preckel ist Islamwissenschaftlerin an der Ruhr-Universität Bochum und erreichbar unter claudia.preckel@rub.de.
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