Weltsprache Persisch – Wo man es sprach und wo man es spricht

Bevor ich mit den Ehebruch-Witzen weitermache, dachte ich mir, ich schiebe mal einen Beitrag zur Verbreitung der persischen Sprache ein. Mir ist nämlich aufgefallen, daß viele Menschen denken, in Iran würde Arabisch gesprochen – wahrscheinlich, weil der Irak genau daneben liegt. Außerdem wußte ich selbst vor meinem Studium auch nicht, wie verbreitet das Persische lange Zeit war.

„Weltsprache“ klingt vielleicht etwas übertrieben, wenn man sich darunter eine ähnliche Verbreitung vorstellt, wie sie heute das Englische hat. Aber es ist noch nicht allzu lange her, daß sich Sprachen nicht so einfach über den ganzen Globus verbreiten konnten. Zur Zeit seiner weitesten Verbreitung konnte sich das Persische aber durchaus mit anderen Sprachen wie dem Lateinischen und dem Arabischen messen. Als überregionale Verkehrssprache erfüllte es über Jahrhunderte hinweg die Kriterien für eine Weltsprache nach Wikipedia.

Diese Zeit der weitesten Verbreitung des Persischen reicht ungefähr vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. Zunächst dehnte sich der Wirkungsbereich des Persischen unter den Mongolen, also ab dem 13. Jahrhundert, weiter nach Osten aus. Das hatte sicher auch damit zu tun, daß das mongolische Herrscherhaus China, Zentralasien, Iran und den Kaukasus durch ihre genealogischen Verbindungen miteinander verknüpfte.

Der berühmte Kublai Khan, der mongolische Herrscher über China, war zum Beispiel ein Bruder von Hülegü, der Bagdad eroberte und danach die mongolische Ilchandynastie im Irak und in Iran begründete. Möngke, ein weiterer Bruder der beiden, beherrschte als Großchan das ganze mongolische Reich. Eine animierte Karte zur Ausdehnung und Entwicklung des mongolischen Großreiches finden Sie hier. Doch die Mongolen sind ein eigenes Thema, das ich in einem anderen Artikel behandeln werde.

Vom Westen des heutigen Iran bis nach Zentralasien und darüber hinaus wurde das Persische jedenfalls zur überregionalen Verständigung verwendet. Im Umgang mit den muslimischen Nachbarn im Westen nutzten es auch die Chinesen. Unter den dortigen Mongolenherrschern war es sogar eine der drei offiziellen Kanzleisprachen.

Begonnen hatte die Entwicklung des Persischen als lingua franca, also als überregionale Verkehrssprache, wohl schon im 9. Jahrhundert oder sogar früher. Über die Anfänge des Neupersischen wissen wir nämlich nicht besonders viel.

Nach der Eroberung Irans durch die Muslime im 7. Jahrhundert ist vermutlich eine damals schon überregional gesprochene mündliche Version des Persischen langsam zur Literatursprache herangereift. Ab dem 9. Jahrhundert haben wir dann Textbelege. Was davor geschehen ist, können wir natürlich nicht genau wissen. Mehr oder weniger überzeugende Spekulationen darüber gibt es aber. Darüber berichte ich vielleicht ein anderes Mal.

Zaban

Natürlich gab es auch schon vor dieser Zeit eine persische Schriftsprache. Nur hat sich das Persische nach der Eroberung Irans durch die Muslime weiterentwickelt. Deshalb nennt man diese Entwicklungsstufe, die im Prinzip bis heute verwendet wird, das Neupersische – im Gegensatz zum Mittel- und Altpersischen.

Auch das arabische Alphabet wurde erst zu dieser Zeit übernommen. Das hatte vielleicht nicht nur, aber auch damit zu tun, daß die Schrift, die man vorher verwendet hatte, sehr kompliziert und die arabische Schrift viel einfacher zu handhaben war.

Das Persische ist übrigens nicht mit dem Arabischen verwandt, sondern mit dem Deutschen (und den übrigen indo-europäischen Sprachen). Es hat nur die arabische Schrift und im Laufe der Zeit auch viele arabische Wörter übernommen. Grammatik und Syntax sind aber nach wie vor der unseren sehr ähnlich. Ebenso bestimmte Wörter. Beliebte Beispiele sind: mâdar („Mutter“), pedar („Vater“), barâdar („Bruder“). Aber es gibt noch mehr. Eine kleine Tabelle finden Sie hier.

Ab dem 16. Jahrhundert breitete sich das Persische schließlich auch in Indien weiter aus. Nach und nach wurde es fast auf dem gesamten Subkontinent als Verwaltungs- und Literatursprache verwendet. Die meisten persischen Handschriften liegen deshalb in Indien. In Nordindien war das Persische durch muslimische Herrscher aus dem persischen Sprachraum bereits seit dem 11. Jahrhundert vertreten. Erst im 19. Jahrhundert wurde es durch die Kolonialsprache Englisch verdrängt.

Persisch wurde also über viele Jahrhunderte hinweg in großen Teilen Asiens als erste oder zweite Sprache gesprochen. Man verwendete es für Poesie und Prosaliteratur, Verwaltung und Diplomatie, Wissenschaft und Handel – wenn auch nicht immer und überall für alle Bereiche gleichzeitig.

Von diesem Erbe zeugt unter anderem die Feier des Nourûz-Festes in vielen Ländern des ehemaligen Verbreitungsgebietes des Persischen, der Persophonie. Sprachen wie das Osmanisch-Türkische und Urdu, die sich unter dem Einfluß der persischen Literatur- und Hofsprache entwickelt haben, enthielten und enthalten noch persische Elemente wie die ezâfe-Verbindung.

Auch an der aktuellen Verbreitung des Persischen sieht man aber zumindest in unvollständigen Umrissen, wie weit der persische Sprachraum reichte. Heute noch ist Persisch Erst- oder Zweitsprache (z.T. auch von Minderheiten) in:

  • Iran (als Fârsî)
  • Afghanistan (als Darî, neben Paschtu)
  • Tadschikistan (als Tâdschîkî)
  • Usbekistan
  • Pakistan
  • Aserbaidschan
  • Bahrain
  • dem Irak
  • Rußland

Allerdings wird nicht mehr überall das arabische Alphabet verwendet. In Tadschikistan schreibt man zum Beispiel kyrillisch.

Und damit es nicht gleich wieder zu Verwirrung kommt: Im Irak sind die Amtssprachen Arabisch und Kurdisch, in Pakistan Urdu und Englisch, in Bahrain ist es Arabisch. In Afghanistan wird das Darî neben dem Paschtu gesprochen, in Usbekistan ist die hauptsächliche Sprache Usbekisch (eine Turksprache), aber in bestimmten Städten auch das tadschikische Persisch verbreitet, in Aserbaidschan spricht man hauptsächlich Aserbaidschanisch (auch eine Turksprache).

Vielleicht mache ich demnächst mal eine Tabelle dazu, wo welche Sprachen gesprochen werden. Was meinen Sie, wäre das nützlich?

Literatur

Bert G. Fragner: Die “Persophonie”: Regionalität, Identität und Sprachkontakt in der Geschichte Asiens, Berlin: Das Arabische Buch, 1999.

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