In Teheran kenne ich mich nach wie vor nicht aus, und ich weiß auch nicht allzu viel über die Stadt, denn ich halte mich dort immer nur wenige Tage lang auf. Teheran ist der Ort, an dem ich meinen “Reisekater” ausschlafe, Kollegen und Kooperationspartner treffe und vergriffenen Büchern nachjage – letzteres meist in der allen Orientalisten vermutlich wohlbekannten antiquarischen Buchhandlung “Bâbak”.
Dort sitzt ein älterer Herr zwischen Regalen voller alter Bücher an einem Schreibtisch, ausgestattet mit nichts als einem Telefon, Papier und einem Stift, und besorgt Bücher, die er nicht im eigenen Lager hat, durch einen Telefonanruf. Man sollte aber zwei, drei Stunden Zeit mitbringen. Denn während der Assistent losgeht, um die Bücher abzuholen, trinkt man ein Glas Tee oder auch zwei, unterhält sich ein wenig oder stöbert in den vorhandenen Bücherbeständen. Einmal durfte ich sogar einen Blick ins Nebenzimmer werfen und die dort angesammelten Schätze begutachten: alte europäische Bücher und Drucke. – Zugegeben: Manche Bücher kann auch dieser findige Antiquar nicht beschaffen, für andere braucht er ein paar Tage oder Wochen.
Jedenfalls ist Teheran für mich meist nur eine Durchgangsstation, auch wenn es dort durchaus viel zu sehen gäbe. Meine Orientierungslosigkeit in der Stadt rührt sicher nicht zuletzt daher, daß ich mich dort bisher kaum zu Fuß fortbewegt habe. Stattdessen habe ich mich des öfteren im Auto nicht fortbewegt – im allgegenwärtigen Stau nämlich. Dieses Jahr hatten wir am Abend vor einem Feiertag die Idee, zu einem Besuch mit dem Taxi in einen anderen Stadtteil zu fahren. Normalerweise braucht man für die fragliche Strecke eine knappe halbe Stunde. An diesem Abend waren wir fast zwei Stunden lang unterwegs.
Bei einer anderen Gelegenheit erklärte mir ein Taxifahrer, daß ich den gewünschten Zielort bei der aktuellen Verkehrslage mit der Metro schneller und billiger hätte erreichen können. Diese Bemerkung mag nicht sonderlich geschäftsfördernd gewesen sein, doch sie hat mich definitiv davon überzeugt, daß ich mich dringend näher mit dem Teheraner Metro-Netz befassen muß.
Immerhin habe ich es dieses Mal – meinem Teheraner Kooperationspartner sei Dank – zumindest in ein Teheraner Museum geschafft: in das Museum der Kronjuwelen, und das ist wirklich sehenswert. Natürlich darf man dort keine Fotos machen. Deshalb habe ich ein paar Fotos von der Broschüre gemacht, die mir mein Gastgeber besorgt hat.
Diesen Wasserbehälter einer Wasserpfeife aus einem Straußenei fand ich ja schon beeindruckend. Noch faszinierender war für mich aber, daß man die Edelsteine irgendwo “aufbewahren” mußte, wo ein Diebstahl eher auffallen würde als bei einem losen Häuflein, und man deshalb auf die Idee kam, Globen mit Juwelen zu besetzen:
Es gibt auch noch einen größeren Globus, auf dem die Kontinente und Meere durch jeweils unterschiedliche Edelsteine in verschiedenen Farben repräsentiert und sogar die Ländernamen in Diamanten gesetzt sind.
Natürlich möchte ich Ihnen auch das “Meer des Lichts” (daryâ-ye nûr) nicht vorenthalten, einen Diamanten, der fast so berühmt ist wie der “Berg des Lichts” (kûh-e nûr), aber sich anders als der letztgenannte noch in Iran befindet (mehr dazu s. den Text auf der rechten Seite):
Wie Sie sehen, haben die Bilder wieder einmal darunter gelitten, daß mir erst nach Einbruch der Dämmerung der Gedanke kam, diese Fotos zu machen, so daß der Blitz eine Spiegelung auf dem Glanzpapier verursacht hat. Aber damit müssen Sie jetzt leben. 🙂
Diese Broschüre ist übrigens auch ein Kuriosum: Mein Gastgeber fragte nach einer englischen Broschüre und bekam mitgeteilt, daß es die Broschüre nur auf persisch und auf deutsch gebe. In diesem Fall war das ja kein Problem. 😉
Natürlich hat Teheran noch andere Museen zu bieten, doch die habe ich bisher nicht gesehen. Dabei gebe ich mir seit zwei Reisen Mühe, endlich einmal ins Teppichmuseum zu kommen. Doch dieses Mal war es am einzigen verfügbaren Tag vor der Rückreise – einem Feiertag – leider geschlossen.
Immerhin konnten wir eine andere Sehenswürdigkeit aufsuchen, wo der Feiertag keine Rolle spielte: den Bazar von Tadschrîsch. Das ist ein kleiner, aber sehr hübscher Bazar mit einer überdachten Passage, die in einen kleinen überdachten Platz mündet. In dessen Mitte findet man eine Reihe von Obstständen.
In der Passage sind die Namen der Geschäfte oben in traditionellem Stil in Weiß auf blauem Grund angebracht.
Die Obststände sind gut beleuchtet und prall gefüllt. Obst wird ja in Iran auch den Gästen regelmäßig und reichlich angeboten. Wer kleine Salatgurken in der Obstschale entdeckt, muß sich aber nicht wundern: in Iran gehören sie dazu.
Wer bewegte Bilder lieber mag, findet hier auch ein Video, das den Bazar etwas ausführlicher zeigt – stammt nicht von mir, geht aber unter anderem auch die überdachte Passage ab, in der wir Safran und Datteln eingekauft haben. Aus welcher Zeit dieser Bazar stammt, müßte ich übrigens erst herausfinden. Ich kam noch nicht dazu, das zu recherchieren. Vielleicht sollte ich mir doch einmal einen Iran-Reiseführer zulegen…
Teheran war übrigens lange Zeit nur eine kleine Siedlung in der Nähe der wichtigen Stadt Rey (das alte Raga, manchmal auch Rayy oder Ray geschrieben) und entwickelte sich erst spät zu einer kleinen Stadt. Ihre Bedeutung bekam sie erst Ende des 18. Jahrhunderts, als sie zur Hauptstadt der Qadscharendynastie wurde. Heute ist das frühere Rey ein Stadtteil Teherans. Auf den Straßenschildern sieht man ab und zu “Schahr-e Rey” (“Stadt Rey”) angeschrieben, und auf dieser Abbildung der Verwaltungsbezirke Teherans ist es im Süden zu erkennen.
Auf dem Weg zum Bazar fiel mir auf, daß hier für Blutspenden nicht wie bei uns auf Plakaten, sondern gleich auf Hauswänden geworben wird:
Und hier gibt es ein Büro, in dem man sowohl Eheschließungen als auch Scheidungen durchführen lassen kann. Irgendwie ist das ja naheliegend, aber ich fand es trotzdem eigenartig, das auf dem Schild rechts oben (blaue Schrift) so direkt nebeneinander zu finden:
Wie man auf den letzten beiden Bildern vielleicht erkennen kann, war es kurz vor unserer Rückreise nach Deutschland in Teheran recht trüb und regnerisch. Außerdem waren die Temperaturen von einem Tag auf den anderen um mehrere Grade gefallen. Wir hatten nur etwa 16 Grad und alles in allem ungefähr dasselbe Wetter wie am selben Tag in Bochum – jedenfalls, wenn die Wetter-App auf meinem Smartphone recht informiert war. Im Herbst kann es also ganz schön kühl werden, wenn die Sonne mal nicht herauskommt. Allerdings sah es schon am nächsten Tag wieder anders aus. Und die Teheraner haben sich natürlich über den Regen gefreut, denn in den letzten Jahren hat es weder viel geregnet noch geschneit. Daher herrscht zur Zeit große Wasserknappheit. Doch darüber berichte ich mehr in einem der nächsten Beiträge.
Zum Abschluß dieses ersten Reisebeitrags darf natürlich das Essen nicht fehlen. Bei der letzten Einladung zum Abendessen in Teheran gab es diese leckeren Vorspeisen:
In der zweiten Reihe von links, zwischen den gefüllten Weinblättern, liegen kleine Brotscheiben mit kaschk-e bâdemdschân – das sind Auberginen in Joghurtsauce. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen.
Noch etwas mehr Essen und anderes sehen Sie in der nächsten “Reisefolge”.
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