Wie Sie schon der Überschrift entnehmen können, kehren wir heute noch einmal nach Esfahan zurück. Ich habe mein „Pulver“ von der letzten Reise nämlich immer noch nicht ganz „verschossen“. Außerdem möchte ich Sie unbedingt an ein paar Perspektiven teilhaben lassen, die man wahrscheinlich nicht in jedem Reiseführer zu sehen bekommt. Zum Beispiel ‚Âlî Qâpû bei Nacht von einem kleinen Park neben dem großen Platz aus:
Das niedrigere Gebäude vorn mit dem grellen Scheinwerfer sind übrigens die kostenlosen Toiletten, die zwischen 2012 und 2014 erneuert worden sind. Optisch sind sie jetzt schöner, aber der Geruch ließ zumindest bei meinem letzten Besuch sehr zu wünschen übrig.
Auch auf die große Moschee, deren Kuppel fast nie frei von Gerüsten ist, kann man nicht nur von vorne schauen, sondern auch aus den alten Gassen hinter dem Meydân:
Hinter dem Meydân hat man vor einigen Jahren auch eine ganze Reihe eng stehender Häuser abgerissen, um Raum für einen großen, gepflasterten Platz zu schaffen, wie er dort vielleicht ursprünglich einmal angelegt war:
Mir persönlich gefallen ja die alten Gassen besser, durch die man wieder zurück zu den Hauptverkehrsstraßen Esfahans wandern kann.
Man muß lediglich ein bißchen aufpassen, wenn man Motorgeräusche hört und die allgegenwärtigen Motorroller – manchmal sind es auch richtige Motorräder – oder sogar Autos durch die Gassen fahren. Denn viel Platz zum Ausweichen hat man besonders bei Autos nicht, vor allem, wenn sie um die Ecke kommen.
Dafür ist zumindest der Meydân mittlerweile komplett für den Verkehr gesperrt. In den siebziger Jahren verliefen noch rund um den Platz zwischen den Bazar-Arkaden und den Wasserbecken Straßen. Und noch bei meiner vorletzten Reise im Jahr 2012 fuhren Autos und Busse quer über den unteren (nördlichen) Teil des Platzes – vor dem Eingang zum Bazar. Mittlerweile ist aber auch dieser Bereich gesperrt, und man hat sogar rund um den Platz alle Zugänge so abgesperrt, daß selbst die Motorroller nicht mehr so ohne weiteres durchkommen.
Mittlerweile ist der Meydân also eine der Inseln wohltuender Ruhe vom sonst allgegenwärtigen Straßenverkehr und hat damit eindeutig an Erholungswert gewonnen. Allerdings sind die neuen Absperrungen an allen Zugängen nicht nur ein Hindernis für Motorroller, sondern auch für Rollstuhlfahrer. Auf dieser Reise habe ich zum ersten Mal eine ganze Reihe von ihnen auf der Straße gesehen, und eine Rollstuhlfahrerin ist sogar zufällig auf einem meiner Bilder gelandet.
Aber auch bei den Touristen in Esfahan gab es seit meinem letzten Besuch Veränderungen. In den Notizen von 2012, die ich zufällig wieder gefunden habe, hatte ich vermerkt, daß im September noch kaum Touristen zu sehen waren und im Oktober auch nur wenige – die meisten davon Koreaner. Ansonsten waren vor allem ab und zu einmal Individualreisende oder vereinzelte Reisegruppen zu sehen.
Dieses Mal dagegen fand ich die große Anzahl an Touristen, denen wir begegnet sind, sehr auffällig. Wie ich hörte, gab es bereits im Herbst 2013 deutlich mehr Touristen als zuvor, doch mittlerweile trifft man auf Schritt und Tritt ganze Gruppen von ihnen, darunter jetzt auch viele Europäer. Den Gesprächsfetzen nach, die ich aufschnappen konnte, handelte es sich um Engländer, Franzosen oder Belgier und Deutsche.
Im Garten des großen ‚Abbâsî-Hotels in Esfahan sind vorne im Bild ein paar deutschsprachige Touristen zu sehen. Auf die Entfernung konnte ich aber nicht hören, ob es Deutsche oder Österreicher waren.
Auch wenn man nicht in dem Hotel wohnt, lohnt es sich, einmal auf einen Tee oder ein Abendessen dorthin zu gehen. Im Garten im Innenhof werden Getränke, Kuchen und Suppe serviert, und ich fand den Kuchen sehr lecker, obwohl ich eigentlich kein Kuchenesser bin.
Für Touristen ist der Eintritt ins Hotel kostenlos, während Iraner einen Eintrittspreis bezahlen müssen. So ist das in Iran: Die Sehenswürdigkeiten dürfen sie sich für einen deutlich niedrigeren Preis ansehen als ausländische Touristen, weil es sich ja um ihr eigenes kulturelles Erbe handelt, aber das größte Hotel am Ort dürfen sie nur mit einer Eintrittskarte betreten.
Leider habe ich den hier vorbeihuschenden Kellner in qâdschârenzeitlicher Tracht nur auf diesem Schnappschuß festgehalten. Er hatte auch einen sehr passenden Schnurrbart und sah aus, als wäre er einem Bild aus dem 19. Jahrhundert entsprungen. Das Hotel ist wirklich einen Besuch wert, schon wegen der Atmosphäre im Garten. Und hier nochmal ein Ausschnitt des Gartens ohne Kellner im Bild:
Im Hintergrund sieht man weitere europäische Touristen, wie in diesem Hotel nicht anders zu erwarten.
Wer tagsüber am Meydân einen Tee oder Kaffee in einer lauschigen Ecke trinken möchte, findet aber auch das eine oder andere schöne Plätzchen. Wir haben uns diesen Innenhof mit Restaurants und Läden auf der östlichen Seite des Platzes (links bei Blickrichtung auf die große Moschee) angeschaut. Anscheinend kann man dort guten Kaffee bekommen.
Solche traditionellennRestaurants gibt es rund um den Meydân an mehreren Stellen. Da wir aber weder Kaffeetrinker sind noch Hunger hatten, wenn wir am Meydân waren, haben wir es vorgezogen, uns ein schönes Plätzchen mit Panoramablick über den Platz zu suchen und fâlûde zu essen. Das sind dünne Nudeln, die gefroren und mit Zitronensaft serviert werden.
Es mag unspektakulär aussehen, aber ich kann von fâlûde gar nicht genug bekommen, seit ich es vor ein paar Jahren für mich entdeckt habe. Wer es etwas raffinierter haben will, der kann sich aber auch ein machlût bestellen, eine Mischung aus fâlûde und dem speziellen iranischen Safran-Eis.
Die Qualität ist je nach Laden aber durchaus unterschiedlich. Am Meydân gibt es vielleicht nicht das beste fâlûde von Esfahan, aber das hier war der Laden mit der besten Qualität, die wir dort gefunden haben:
Der Verkäufer hat sogar darauf geachtet, daß die Kunden die Reihenfolge in der Reihe einhielten, und trotz lauter Proteste niemanden bedient, der sich erkennbar vorgedrängelt hatte. Das hat der ordnungsliebenden Deutschen natürlich gefallen. 🙂
Zum guten Schluß noch eine „Tourismus“-Anekdote: An einem Tag schauten wir uns die Teppiche im Schaufenster eines Teppichhändlers in den Arkaden des Meydân an. Ein Verkäufer entdeckte uns fast sofort und kam heraus, um uns in den Laden zu locken. Wir taten so, als verstünden wir kein Persisch, und ließen uns auf englisch die Preise für ein, zwei Teppiche nennen. Natürlich bekamen wir die Auskunft in Dollar und Euro und erst auf hartnäckige Nachfrage in Tûman (das ist die inoffizielle Währung, mit der im täglichen Leben gerechnet wird: 1 Tûmân = 10 Riyâl). Wie direkt am Meydân nicht anders zu erwarten waren die Preise saftig.
Doch der Verkäufer verlor sofort das Interesse an uns, als eine Gruppe Touristen mit ihrer einheimischen Reiseleiterin den Laden betrat. Mit einer lahmen Ausrede komplimentierte er uns aus dem Laden, nicht ohne uns seine Karte aufzunötigen und uns einen späteren Besuch zu empfehlen. Dann wurden die Türen des Ladens hinter der Touristengruppe geschlossen. Sie waren einfach eine fettere Beute als wir, und es war offensichtlich, daß die Reiseleiterin einen Deal mit dem Teppichhändler hatte.
Daher ist mein Ratschlag, wenn Sie in Iran einen Teppich kaufen wollen und sich nicht selbst sehr gut damit auskennen: Kaufen Sie bloß nicht in einem Laden dicht bei den Sehenswürdigkeiten, nur weil der Reiseleiter ihn vielleicht empfohlen hat! Wenn Sie ohnehin vorhatten, einen Perserteppich zu kaufen, und die Alternative ein Kauf in Deutschland wäre, dann kommen Sie vielleicht mit einem in Iran gekauften Teppich (je nach Größe zuzüglich Zoll und Lagergebühr am Flughafen) billiger weg oder zahlen zumindest nicht mehr. Wenn ein Andenken es Ihnen wert ist, können Sie das natürlich tun, denn schlecht waren die Teppiche nicht.
Aber wenn Sie einen schönen und robusten Teppich haben wollen, der auch nicht gleich kaputt geht, wenn man Möbel darauf stellt, dann bekommen Sie ihn tiefer im Bazar bei den dortigen Teppichhändlern sehr viel günstiger. Allerdings sollten Sie persisch sprechen oder jemanden zum Dolmetschen dabei haben. Meine Empfehlung ist dieser Teppichhändler, bei dem wir auch selbst schon eingekauft haben und der Sie nicht übers Ohr hauen wird – und nein: ich bekomme keine Gewinnbeteiligung. 😉
Alternativ können Sie sich auch von einheimischen Freunden beraten lassen, wenn Sie sicher sind, daß sich diese gut mit Teppichen auskennen. Das tun aber ganz und gar nicht alle Iraner, so wenig wie alle Schwarzwälder eine Ahnung von Kuckucksuhren haben.
Damit nähert sich auch meine Reiseserie ihrem Ende. Eine Folge mit verschiedenen Eindrücken erwartet Sie aber noch, denn ich habe ein paar schöne Fotos für den Abschluß aufgehoben. 🙂
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