Warum gibt es so viele Schreibweisen für orientalische Namen? – Teil 1

Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, wieso Sie mal „Mohammed“ lesen, dann wieder „Muhammad“ und auf meinem Blog auch noch „Mohammad“.  Oder wie man die Nachnamen der Herren Khatami und Rouhani wirklich ausspricht. Und warum man Gaddafi mal so schreibt, mal Ghaddafi und mal Qaddhafi. Hier finden Sie jedenfalls die Antwort.

Erster Teil der Antwort: Das Alphabet der Ausgangssprache

Diese Antwort hat mehrere Teile. Der erste Teil der Antwort lautet: Diese Namen stammen aus Sprachen mit einem anderen Alphabet. Alle oben angeführten Beispiele sind arabische Namen (in diesem Fall auch die der Iraner). Solche Namen sind auch in vielen nicht-arabischen Ländern mit einer großen Anzahl von Muslimen verbreitet. Nicht in allen diesen Ländern wird die Landessprache in arabischer Schrift geschrieben, aber in einigen.

So verwenden Iran und Afghanistan die arabische Schrift mit einigen Ergänzungen für das Persische, in Pakistan und Indien benutzt man dieses Alphabet mit weiteren Ergänzungen für das Urdu. Früher, unter den Osmanen, wurde auch Türkisch in arabischer Schrift geschrieben. Doch selbst heute, nach der Umstellung auf die Lateinschrift von 1928, ist das türkische Alphabet nicht mit unserem identisch.

Zum Beispiel wird das „c“ nicht, wie etwa im Französischen, vor dunklen Vokalen hart und vor hellen weich gesprochen – also mal als „k“ und mal als „s“. Vielmehr ist es immer ein weiches (stimmhaftes) „dsch“ wie in dem englischen Namen „James“. Und das „sch“ wird als „s“ mit einem Häkchen darunter geschrieben und im Deutschen meistens mit einfachem „s“ wiedergegeben. Nur weiß das fast niemand. Deswegen sprechen wir gefühlsmäßig viele türkische Namen falsch aus, weil wir andere Ausspracheregeln gewohnt sind.

„Cem“ spricht man zum Beispiel „Dschem“ (mit stimmhaftem „dsch“ wie in „John“). Und da das „z“ das stimmhafte „s“ bezeichnet und nicht unser z, heißt Frau Öztürk eben nicht „Öztürk“, sondern eigentlich „Östürk“ (mit stimmhaftem „s“).

Dieses Problem entsteht daraus, daß es im Türkischen – genau wie im Arabischen und Persischen – einen wesentlichen Unterschied macht, ob man ein scharfes oder ein stimmhaftes „s“ verwendet. Ein Wort bedeutet nicht wie im Deutschen in beiden Fällen dasselbe.

Bei den Namen, die aus einer Sprache mit arabischer Schrift stammen, gibt es noch ein anderes Problem: Die arabische Schrift ist nicht vollständig. Das heißt: Es gibt nicht für jeden Laut einen Buchstaben. Kurze Vokale werden in den meisten Fällen nicht geschrieben. Es gibt zwar eine Möglichkeit, sie eindeutig zu bezeichnen, aber das macht keiner. Außerdem gibt es auch einige Laute, die in den europäischen Sprachen oder auch nur im Deutschen gar nicht existieren.

Wenn man nun versucht, einen arabischen Namen in Lateinschrift wiederzugeben, passieren verschiedene Dinge. Zunächst muß man sich überlegen, wie man Laute wiedergibt, die in der Zielsprache gar nicht existieren. So wird zum Beispiel „gh“ für einen arabischen Reibelaut verwendet, der wie ein deutsches Rachen-r klingt. Man kann aber nicht „r“ schreiben, weil es auch ein gerolltes Zungen-„r“ gibt, das diesen Platz schon belegt.

Als nächstes braucht man die kurzen Vokale. Dabei muß man sich für eine Aussprachevariante entscheiden, denn hier weicht die gesprochene Sprache oft von der Hoch- oder Schriftsprache ab. Zum Beispiel gibt es im Hocharabischen nur ein kurzes „a“, „i“ und „u“, aber in der gesprochenen Sprache hört man auch „o“ und „e“.

Schießlich gibt es auch noch Namen mit doppelten Konsonanten, die im arabischen Schriftbild aber nicht in Erscheinung treten. Der Konsonant wird also nur einmal geschrieben, und man kann lediglich durch ein kleines Zusatzzeichen darauf hinweisen, daß er doppelt gesprochen werden soll. Wenn man sich also nur an die ausgeschriebenen Konsonanten hält, dann überträgt man einen Konsonanten zu wenig in die Lateinschrift.

Die Varianten von „Muhammad“

Schauen wir uns als Beispiel den arabischen Namen „Muhammad“ an! In arabischer Schrift sieht er so aus: „M-h-m-d“ (محمد). Der mit „h“ wiedergegebene Laut ist übrigens kein normales deutsches h, sondern wird stärker behaucht, aber auch wieder nicht so stark wie unser „ch“ in dem Wort „Dach“ (das ist wieder ein anderer Buchstabe). Wir können diesen Laut in unserer Schrift also gar nicht korrekt wiedergeben, denn er existiert in unserer Sprache nicht. Also nehmen wir das normale h als Notlösung. Wenn wir uns nach der arabischen Hochsprache richten, dann müssen wir nun die kurzen Vokale folgendermaßen eintragen: „M-u-h-a-m-a-d“. Aber im Arabischen wird der Konsonant „m“ in diesem Namen verdoppelt. Wenn wir das in der Lateinschrift berücksichtigen, kommen wir auf „M-u-h-a-m-m-a-d“, also „Muhammad“.

Jetzt wissen Sie, warum Islamwissenschaftler in der Regel diese Variante bevorzugen! Wenn Sie aber in Rechnung stellen, daß in manchen Gegenden das kurze „u“ in Wirklichkeit als „o“ gesprochen wird und man das kurze „a“ am Ende in der Aussprache fast verschluckt, dann kann man auch auf die Umschrift „Mohammed“ kommen. Dagegen schreibe ich meistens „Mohammad“, weil das die persische Aussprache ist. Denn im modernen Persisch – jedenfalls wie es in Iran gesprochen wird – hat sich das kurze arabische „u“ in ein „o“ verwandelt.

So etwas kann natürlich passieren, wenn man ein Alphabet für mehrere ganz unterschiedliche Sprachen verwendet und das Alphabet außerdem noch unvollständig ist. Damit kommen wir zum zweiten Teil der Antwort.

Doch den bekommen Sie erst nächste Woche. Vielleicht schaffe ich es bis dahin auch, eine praktische Übersicht zu erstellen. Geplant habe ich das jedenfalls. 🙂

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6 Kommentare

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    • Pingback: Hadschi Halef Omar auf Persisch | Persophonie: Kultur-Geschichte

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