Gestern war ich in meinem eher kleinen Wohnort im Schwäbischen unterwegs zur Apotheke. Ich wohne auf einem Hügel, die Apotheke liegt im Tal im Stadtzentrum. Gerade war ich am Fuß des Hügels angekommen, als eine Familie meinen Weg kreuzte: Zwei dunkelhaarige Männer und eine Frau mit Kopftuch und einem Kleinkind.
Die junge Frau sprach mich auf englisch an, und ich dachte mir sofort, daß es sich wahrscheinlich um Flüchtlinge handelte. Denn so wirklich viele arabische Touristen habe ich an meinem Wohnort bisher nicht gesehen. Daß es Araber waren, hörte ich, als die Männer ein paar Worte wechselten. Einer von ihnen trug einen Beutel Holzkohle in der Hand.
Was mich die junge Frau in recht flüssigem Englisch fragte, war dann auch in etwa: „Wo geht es hier zum Grillen?“ Dabei deutete sie auf die verschiedenen Wege den Hügel hinauf und fragte, ob man dort entlang gehen könne.
Zunächst dachte ich, sie seien mit jemandem zum Picknick verabredet oder auf dem Weg zu einer Veranstaltung. Nach einigen Fragen und Antworten hin und her stellte sich aber heraus, daß sie nur auf der Suche nach einem öffentlichen Grillplatz waren.
Die junge Frau erklärte mir, daß sie Sorge hätten, Probleme mit der Polizei zu bekommen, wenn sie einfach irgendwo ein Feuer machten. Ich bestätigte ihr, daß das nicht ratsam sei und sie tatsächlich einen Platz mit einer abgegrenzten Feuerstelle suchen müßten.
Nur leider konnte ich der Familie nicht wirklich weiterhelfen. Denn wir haben einen Balkon und grillen dort. Deshalb habe ich mich in der Zeit, seit ich hier meinen Hauptwohnsitz habe, noch nie bewußt nach öffentlichen Grillplätzen umgesehen. Auf meinen Spazierwegen durch die Felder oben auf dem Hügel hatte ich jedenfalls keinen gesehen.
Offenbar hatte aber jemand die Familie auf den Hügel verwiesen, und ich konnte nicht ausschließen, daß man dort irgendwo einen Grillplatz finden konnte. Vielleicht in der Nähe des Sportplatzes?
Ich erklärte das also und wies einen nicht ganz so steilen Weg nach oben. Dann setzte ich meinen Weg zur Apotheke fort. Im nächstgelegenen größeren Wald gibt es auf den Spazierwegen natürlich Grillplätze. Doch dahin hätte man mit dem Auto fahren müssen. Und das hatte die Familie natürlich keines.
Was lernen wir daraus?
Erstens: Frauen sind manchmal gebildeter oder zumindest besser in Fremdsprachen bewandert als Männer – auch bei arabischen (und afghanischen) Flüchtlingen. Habe ich auch schon öfter gehört.
Zweitens: Muslimische Frauen, die noch nicht länger hier leben, sprechen in der Regel nur Frauen an – in diesem Fall also mich.
Drittens: Auch arabische Flüchtlinge, die noch nicht genug Deutsch können, um sich zu verständigen, haben ein Bewußtsein dafür, daß die Gesetze hier anders sind als in ihrer Heimat. (Dort hätten sie sich einfach irgendwo am Fluß ein schönes Plätzchen suchen und dort ihr Picknick machen können.) Und sie haben ein Interesse daran, nicht mit diesen Gesetzen in Konflikt zu geraten.
Ich hoffe, die Familie hat schließlich ein Plätzchen gefunden. Zwischen meinem Wohnort und dem nächsten Dorf gibt es auch eine Burgruine mit Sommer-Gastronomie und Grillplatz, die man von unserem Hügel aus erreichen kann. Das ist aber ein ganzes Stück zu gehen, und man muß noch einen zweiten Hügel erklimmen.
Erfahren werde ich es wohl nicht.
Apropos Grillen: Meine geschätzte und hier ja allseits bekannte Kollegin Claudia Preckel hat kürzlich einen eigenen Blog zum Thema „Orientalisch Grillen“ eröffnet. Für alle, die gern Fleisch rösten: Hier geht’s lang.
P.S.: Für diejenigen, die auf mehr über die Moguln, Dschahângîr und den Alkoholismus warten: Da kommt noch was. Ich kam nur noch nicht dazu.
Bildnachweis
Beitragsbild/Bild im Text: Grillhütte in Daisendorf
Quelle: Wikimedia Commons
Autor: Stefan-Xp
Lizenz: Creative Commons 3.0
unverändert verwendet
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