Iran September-Oktober 2014: Esfahân – Nesf-e dschahân

Wie es aussieht, werden wir uns heute und in den nächsten zwei bis drei Teilen meines Reiseberichts in Esfahan aufhalten – oder Isfahan, wie es hierzulande geschrieben wird. Die Iraner sprechen am Anfang aber kein “i”, sondern ein “e”. Doch das ist ohnehin kein so wesentlicher Bestandteil des Namens dieser Stadt, die in einem persischen Geschichtswerk aus dem 11. Jahrhundert noch “Sepahân” hieß.

Warum wir uns so lange in Esfahan aufhalten werden? – Zunächst einmal deshalb, weil ich mich für einen großen Teil meiner Iranreise dort aufgehalten habe. 🙂 Außerdem ist Esfahan, wie man so schön sagt, die “Hälfte der Welt”, also gibt es dort auch eine Menge zu sehen. 😉 Auf persisch reimt sich das natürlich auch: “Esfahân – Nesf-e dschahân” heißt auf deutsch “Esfahan – die Hälfte der Welt”.

Eigentlich sollte man einen Bericht über Esfahan ja mit den zahlreichen historischen Sehenswürdigkeiten beginnen. Doch erstens kann man sich die auch in jedem Reiseführer anschauen. Und zweitens möchte ich aus aktuellem Anlaß mit einem Blick auf den Fluß anfangen. Hier wird besonders deutlich, welch großes Wasserproblem sich in den letzten Jahren in weiten Teilen Irans entwickelt hat. Der durch Esfahan fließende Zâyande-Rûd sieht nämlich im Augenblick so aus:

Die Pol-e Châdschû stammt aus dem 17. Jh.

Die Pol-e Châdschû rechts im Bild stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Auf der gegenüberliegenden Seite liegen Tretboote auf dem Trockenen

Auf der gegenüberliegenden Seite liegen Tretboote auf dem Trockenen.

Wer die Châdschû-Brücke (Pol-e Châdschû) im Wasser sehen möchte, kann sich den Wikipedia-Artikel über die Brücke anschauen. Ich finde ja, ohne Wasser wird einem der Anblick seltener geboten – auch wenn das nicht gerade fröhlich stimmt. Das Wasser des Flusses wird in den letzten Jahren die meiste Zeit über gestaut, ehe es Esfahan erreicht. Denn wegen der großen Trockenheit wird das Wasser umverteilt und in andere Regionen geleitet. Seit Jahren hat es kaum geregnet und vor allem auch im Winter im Gebirge nicht genug geschneit. Das gilt zwar nicht für ganz Iran, aber für große Teile des Landes. Und Esfahan ist ja umgeben von Wüste und Steppe. Zum Opferfest im Oktober wurden sogar Zelte im Flußbett aufgeschlagen.

Doch nicht nur der Fluß Zâyande-Rûd, auch kleinere Kanäle in der Stadt sind komplett ausgetrocknet:

Kanal in der Stadt

Kurz und gut: Iran ist ein Land, in dem “gutes Wetter” bedeutet, daß es regnet. Das ist für uns ähnlich ungewohnt wie für die Iraner der Gedanke, daß man “Schatten” auch mit etwas Unheilvollem verbinden kann. Sie sehen: Ein Übersetzer muß nicht nur Wörter in eine andere Sprache übertragen. 🙂

In diesem Jahr konnten wir den Anblick des Flusses also wieder nicht genießen – denn er war auch dieses Mal nicht vorhanden. Schon vor zwei Jahren war es ebenso und vor fünf Jahren nicht anders. Trotzdem wird in Iran das Wasser (noch) nicht für mehrere Stunden am Tag abgedreht, wie ich es im Jahr 2000 in Damaskus erlebt habe. Vielleicht sind die Iraner deshalb mit dem Wasser noch immer nicht übertrieben sparsam.

Immerhin scheint auch für die Parks noch genügend Wasser vorhanden zu sein. Sie sind eine Art “grünes Herz” der Stadt und unverzichtbare Zufluchtsorte, an die man sich aus dem Gewimmel auf den Gehsteigen und dem lebensgefährlichen dichten Verkehr auf den Straßen retten kann. Man biegt einfach um die richtige Ecke – und schon steht man im Grünen.

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Trotzdem leiden die Esfahaner sehr darunter, daß ihr Fluß schon so lange trocken liegt. Der trostlose Anblick bedrückt sie. Zwar hat es in den letzten Wochen ein wenig geregnet, aber längst nicht genug. Nur zu Nouruz und wenigen anderen Gelegenheiten wird Wasser in den Fluß geleitet. Dauerhaft darf man wohl auch die Fundamente der historischen Brücken nicht trockenliegen lassen.

Und damit kommen wir zum aktuellen Anlaß des heutigen Themas: Vor ein paar Tagen hat der Fluß zum ersten Mal seit Monaten wieder Wasser bekommen! Viele Esfahaner versammelten sich im Flußbett, warteten auf das Wasser und feierten dann seine Ankunft ausgelassen. Eine ganze Reihe Bilder von diesem Ereignis kann man sich in diesem Artikel anschauen.

Und da ich diese hübschen Bilder lieber nicht direkt poste, weil das natürlich die Urheberrechte des Fotografen verletzen würde, biete ich Ihnen als Ersatz zum Abschluß noch zwei meiner vielen Bilder vom großen Platz in Esfahan an. Solche Bilder dürfen doch in keinem Beitrag über Esfahan fehlen, nicht wahr? 😉

Scheich-Lotfollah-Moschee aus dem 17. Jh.

Scheich-Lotfollah-Moschee aus dem 17. Jahrhundert

Eingangsportal der Königsmoschee aus dem 17. Jh.

Eingangsportal der Königsmoschee aus dem 17. Jh. mit Mondsichel über den Minaretten


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2 Kommentare

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